Landwirtschaftlicher Hauptverein für Ostfriesland e.V.

17.07.2025

Landvolk und Amprion im Austausch

Amprion baut derzeit in Niedersachsen mehrere neue Stromleitungen. Damit der Bau möglichst verträglich abläuft und die Interessen der Landwirte berücksichtigt werden, tauschen sich Vertreter des Landvolks regelmäßig mit dem Unternehmen aus. Mitte Juli trafen sich LHV-Vertreter gemeinsam mit einer Amprion-Delegation, um sich über bautechnische Lösungen sowie die Sorgen der betroffenen Landwirte auszutauschen. An dem Treffen vor Ort nahmen außerdem Vertreter benachbarter Landvolkverbände aus dem Emsland, Friesland und der Wesermarsch teil. Es wurden verschiedene sehenswerte Bereiche der Großbaustelle A-Nord besichtigt, um das Verständnis der Projektvertreter für die landwirtschaftlichen Belange beim Bau dieser wichtigen Infrastrukturprojekte zu schärfen.

Ein besonderes Highlight war die Besichtigung des Kabelpflugs, welcher mittlerweile in einigen Bereichen des Trassenbaus, insbesondere durch den Einsatz ostfriesischer Landwirte, als Alternative zur sogenannten „offenen Bauweise“ mit Kettenbaggern eingesetzt wird. Amprion plant, dieses Bauverfahren bei weiteren Projekten an möglichst vielen Standorten zu prüfen. Ziel ist es, durch diese Technik neben einem besseren Bodenschutz auch die Baugeschwindigkeit zu erhöhen und Kosten zu senken. Die spezifischen Bodenverhältnisse, insbesondere auf Moor- und Marschböden, erlauben jedoch nur an wenigen Stellen den Einsatz des Kabelpflugs. Neben dem Kabelpflug konnten auch andere Bauverfahren wie beispielsweise Horizontalbohrungen sowie Übergangsbereiche zwischen unterschiedlichen Bauweisen besichtigt werden. Diese imposanten Baugruben veranschaulichen eindrücklich die Ausmaße solcher Bauvorhaben und lassen nachvollziehen, warum die Eigentümer und Bewirtschafter Sorgen und Ängste in Bezug auf diese Infrastrukturmaßnahmen haben.

Ein Schwerpunkt bei der Gestaltung der Rahmenverträge ist regelmäßig der Schutz der Böden. Hier konnte speziell an einem Bauabschnitt mit offener Bauweise eindrucksvoll dargestellt werden, warum die Anforderungen an einen effektiven Bodenschutz nachvollziehbar und notwendig sind. Es konnten die verschiedene Bodenschichten, wie etwa verdichtungs- und zersetzungsanfällige Moor- und Marschböden, die deutlich empfindlicher sind als der klassische Podsolsand und überwiegend in den südlicheren Landesteilen zu finden ist, gut erkannt werden. Diesen besonderen Herausforderungen muss Rechnung getragen werden, sodass u.a. der Einsatz einer bodenkundlichen Baubegleitung unerlässlich ist.

Die Delegation des Landvolks betonte mehrfach, dass eine offene und kontinuierliche Kommunikation der Schlüssel für das Gelingen solch komplexer Großprojekte ist. Hier gelobten die Amprion-Vertreter Verbesserungen, da Defizite erkannt und die Notwendigkeit weiterer Verbesserungen bestätigt wurden.

Im direkten Austausch mit den Kreisvorsitzenden und Präsidenten der Verbände stand insbesondere der Kompensationsbedarf für den Bau von Leitungen im Mittelpunkt der Diskussion. Dabei geht es um Ausgleichsmaßnahmen, mit denen die durch den Bau entstehenden Beeinträchtigungen für Natur und Landschaft kompensiert werden sollen, zum Beispiel durch die Anlage neuer Feuchtgebiete oder die Gestaltung von Extensivgrünland. Im Gespräch wurde deutlich, dass die gesetzlichen Anforderungen an diese Kompensationsmaßnahmen in den letzten Jahren deutlich komplexer geworden sind. Die praktische Umsetzung ist damit für alle Beteiligten erheblich erschwert. Gerade im Bereich des Artenschutzes, insbesondere nahe der Küstenregion mit einer Vielzahl wiesenvogelsensibler Bereiche, stellt die Umsetzung der geforderten Ausgleichsmaßnahmen eine große Herausforderung dar. Alle Verbandsvertreter waren sich einig, dass dieser Themenkomplex eine erhebliche Herausforderung für alle Beteiligten darstellt. Man müsse gemeinsam nach Lösungen suchen, um die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Ausgleich und Kompensation im Sinne des gesellschaftlichen Anspruchs auf eine nachhaltige Energiewende und den weiterhin hohen Schutz von Natur und Arten zu vereinfachen. Es sei wichtig, für die ambitionierten Ausbauziele im Energiebereich tragfähige und praxistaugliche Regelungen zu finden, die gleichzeitig den Natur- und Artenschutz nicht vernachlässigen.

Hintergrund:
Amprion ist einer der vier Übertragungsnetzbetreiber, welche für den Ausbau der Netzinfrastruktur der Zukunft verantwortlich sind. Das Kernversorgungsgebiet der Amprion liegt vor allem in den Ballungsbereichen Nordrhein-Westfalens. Um hier eine Versorgungssicherheit darzustellen, ist zunehmend die Ableitung von Offshore-Windstrom aus der Nordsee erforderlich; somit ist besonders die Küstenregion zwischen Ems und Weser durch die Vorhaben in den nächsten Jahren betroffen. Nach aktuellem Netzentwicklungsplan sind 16 Projekte durch die Amprion umzusetzen. Um die landwirtschaftlichen Belange möglichst gut zu gestalten, verhandeln die Landvolkverbände regelmäßig mit den Betreibern Rahmenverträge als Angebot für die Betroffenen; so werden die gesetzlichen Grundstandard deutlich im Sinne von Eigentümern und Bewirtschaftern angehoben. Für die aktuell in Bau befindlichen Vorhaben A-Nord/DolWin4/BorWin4 wurde 2022 ein Vertragsabschluss gefunden, ebenso im vergangenen Winter für das derzeit in der Rechtesicherung befindliche Projekt BalWin1/2 (wir berichteten). In finaler Abstimmung befindet sich ein Vertragswerk über die Bundesländer Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen hinweg, welches der Rahmen für die derzeit in Planung befindlichen Vorhaben sein wird.

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