Landwirtschaftlicher Hauptverein für Ostfriesland e.V.

05.02.2016

LHV-Delegiertenversammlung mit Olaf Lies

Der zweite Tagesordnungspunkt in der Einladung zur Delegiertenversammlung des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Ostfriesland e.V. (LHV) lockte viele Delegierte am vergangenen Freitag (05.02.2016) nach Holtrop. Der niedersächsische Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies war zu Gast und referierte zum Thema „Ernährungswirtschaft als wichtiger Standortfaktor für Niedersachsen“ und stellte sich anschließend der Diskussion. Diskussionsstoff gebe es in der Landwirtschaft derzeit reichlich, machte LHV-Präsident Erich Hinrichs in seiner Begrüßung deutlich. Die niedrigen Erzeugerpreise und die fehlende Unterstützung der Bauern durch die Politik in dieser Situation nehmen den Landwirten die Freude an ihrem Beruf. „Und dann noch ständig die verbalen Tiefschläge durch Minister Meyer.“ so Hinrichs, der herausstellte, wie wichtig die Landwirtschaft für die ganze Wirtschaftskraft von Niedersachsen sei. Über 7700 Erwerbstätige sind in der ostfriesischen Land- und Forstwirtschaft tätig und über 100.000 in Niedersachsen und damit hängt jeder 10. Arbeitsplatz mit der Landwirtschaft zusammen, stellte er fest. Bauunternehmen, Landmaschinenhändler, Futtermittelhersteller und viele mehr bekommen die fehlende Investitions- und Kaufkraft der Landwirte zu spüren.

 

Dies bestätigte Olaf Lies zu Beginn seiner Ausführungen. Er betrachte die Landwirte als „Zulieferer“ für die Ernährungsindustrie, er sei ja als Wirtschaftsminister für die Ernährungs- und Landmaschinenindustrie sowie auch für den Tourismus zuständig und sei sich der Bedeutung der Landwirtschaft für die Wirtschaft bewusst. So sei die Ernährungsindustrie auf die Rohprodukte angewiesen. Er fragte, was passieren würde, wenn die nicht mehr vor Ort hergestellt werden, wo sie dann herkommen und unter welchen Rahmenbedingungen sie hergestellt würden. Lies erklärte, dass Niedersachsen oft als Agrarland Nr. 1 bezeichnet würde, es sei aber auch das Autoland Nr. 1, Energieland Nr. 1 und das Ernährungsland Nr. 1. Das sei etwas, auf das man auch stolz sein dürfe.

Lies: „Wir haben im Moment eine unheimlich starke Wirtschaft.“ Und er erläuterte das damit einhergehende Problem: „Alle glauben, allen gehe es gut. Wir haben Wohlstand, aber es gibt auch Teile der Gesellschaft, den es nicht gut geht.“ Die Verwendung des Begriffs „Horizontverschmutzung“ für Windenergie sei ein Wohlstandsresultat, ebenso wie die Behauptung Wachstum sei nicht mehr notwendig. Er verstehe auch nicht, was am Begriff „Industrie“ so negativ sei. „Was ist denn überhaupt Agrarindustrie?“ fragte Lies, „Was ist so schlimm am Industriebetrieb?“. Es störe sich ja auch keiner an einer Ernährungsindustrie. Hier gehe der Begriff mit Sauberkeit, Qualität und Standards einher. Für Lies sei unbegreiflich, weshalb die Technisierung und Digitalisierung auf den landwirtschaftlichen Betrieben so negativ gesehen und als Folge mit Agrarindustrie gleichgesetzt wird. „Tierwohl ist doch das ureigenste Interesse der Landwirte.“ ist er sich sicher und verweist auf die positiven Entwicklungen der letzten Jahre.

 

Landwirtschaft ist laut Lies auch ein Wirtschaftszweig und man muss das auch so betrachten, das heißt, man muss auch davon leben können. Das dürfe man nicht vergessen, wenn junge Leute sich auch weiterhin für den Beruf des Landwirts begeistern sollen.

Auch, wenn ein starker Preisverfall auf Erzeugerebene zu beobachten ist, die Politik könne da nichts machen, deshalb „brauchen wir Markt“. Der Export sei notwendig und da sei noch Luft nach oben, da sei noch Potenzial internationale Märkte zu erschließen. „Wenn ein Markt wegfällt, müssen andere Märkte erschlossen werden“ so Lies.

 

Abschließend sagte er:

 

„Märkte sind wie Fallschirme: sie funktionieren nur, wenn sie offen sind.“ kommentierte Erich Hinrichs Lies' Ausführungen mit Helmut Schmidts Worten und eröffnete die Diskussion. Etliche Landwirte nutzten die Gelegenheit und stellten Fragen.

Ein Landwirt dankte dem Minister zunächst einmal für sein offenes Ohr gegenüber den Sorgen der Landwirte. Für ihn sei jedoch Lies‘ Aussage, dass die Politik an der Situation der Landwirte nichts ändern könne, problematisch. „Wir brauchen aber Hilfe! Wir würden gerne mit dem Bus in die Zukunft fahren, aber das geht nicht, wenn das Geld für die Busfahrkarte nicht da ist.“ fasste er die Situation zusammen. „Ich habe immer noch Spaß an meinem Beruf, aber ich muss auch davon leben können.“ Dem stimmte Lies zu und revidierte die kritisierte Aussage: „Der Spaß muss auch bleiben. Wir können nichts an den Preisen ändern, das ist so, aber wir können an den Rahmenbedingungen arbeiten und Perspektiven schaffen.“

Mehrere Landwirte mahnten den Umgang von Christian Meyer mit den Landwirten an. So war es kaum verwunderlich, dass die Bitte eines Landwirts, man möge Christian Meyer nach der nächsten Landtagswahl nicht wieder in die Regierung aufnehmen, mit Beifall unterstrichen wurde.

Das Spektrum der Diskussion reichte von der umständlichen Bürokratie beim Mindestlohn (Lies: „Da haben wir nachgebessert“), über den Umgang der Medien und NGOs mit Landwirten, die nur noch als Tierquäler oder Wasserverseucher dargestellt werden, VW mit der landwirtschaftsfeindlichen Kantinenphilosophie (Lies: „Das war Mist.“), Russland-Embargo (Lies: „Wir versuchen da im Gespräch zu bleiben, Kontakt zu halten.“), Infrastruktur (Straßenbau, Breitbandversorgung) bis hin zu TTIP (Lies: „Die heimlichen Verhandlungen, die mangelnde Transparenz waren ein Fehler.“).

 

Zwei Dinge wurden an diesem Abend deutlich.

1. Der Frust bei den Landwirten wächst täglich. Hinrichs mahnte: „Der psychische Druck auf den Betrieben nimmt zu, in diesen Zeiten ist es wichtig, mehr aufeinander zu achten.“ Es sind nicht nur die niedrigen Preise, die drücken. Die Gestaltung der Rahmenbedingungen wie z. B. Flächenkompensationsauflagen, Antibiotika-Monitoring mit dem fragwürdigen Bestrafungsalgorithmus oder die neue Düngeverordnung sind ebenso belastend für die Landwirte.

2. Es tut auch mal gut, zu hören, dass man gute Arbeit leistet, auch wenn es vermutlich vielen lieber gewesen wäre, wenn diese Worte vom „eigenen“ Minister gekommen wären.

  370 Kb
  406 Kb
  431 Kb
  433 Kb
  431 Kb
  441 Kb
  380 Kb
  403 Kb
  414 Kb
  369 Kb
  386 Kb
  323 Kb
  413 Kb
  370 Kb
  371 Kb
  386 Kb
  409 Kb
  393 Kb
  389 Kb
Copyright © Landw. Hauptverein für Ostfriesland e.V. - Südeweg 2 - 26607 Aurich - Telefon: 0 49 41 / 60 92 50
Zum Seitenanfang