Landwirtschaftlicher Hauptverein für Ostfriesland e.V.

05.10.2025

Erntedank 2025: Rückblick, Bilanz und Ausblick – LHV-Präsident Tannen mahnt Politik zu mehr Verlässlichkeit

„Für uns Landwirte bleibt Erntedank ein bedeutendes Fest“, betont Manfred Tannen, Präsident des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Ostfriesland e. V. (LHV). „Es ist die Zeit, um innezuhalten, kritisch auf das vergangene Jahr zurückzuschauen, aber auch Dankbarkeit für das Erreichte zu empfinden.“
 
Gute Erntebedingungen und erfreuliche Erträge
Die Erntebilanz 2025 fällt aus Sicht der ostfriesischen Landwirte insgesamt positiv aus. „Nach einem trockenen Frühjahr und einem guten weiteren Witterungsverlauf im Sommer, mit ausreichenden Erntefenstern, herrschten durchweg gute Bedingungen für die Arbeit auf dem Feld“, so Tannen. Entsprechend seien die Ernteergebnisse im Marktfruchtanbau und Futterbau erfreulich: „Wir sprechen von guten bis sehr guten Erträgen in Menge und Qualität. Auch im Bereich der Sonderkulturen konnte überdurchschnittlich gut geerntet werden.“
 
Märkte im Blick – Licht und Schatten
Die Märkte zeigen sich aktuell mit einem sehr differenzierten Bild. “Die Erzeugerpreise für Getreide sind unterdurchschnittlich niedrig und decken die Produktionskosten für unsere hiesigen Betriebe nicht ausreichend. Laut Marktexperten könnte dieser Preisdruck aufgrund einer weltweit guten Versorgungslage sogar bis zur Ernte im nächsten Jahr anhalten. Besonders kritisch sei die Lage am Kartoffelmarkt: „Ein massives Überangebot sorgt für starken Preisdruck. Dass wir in einer solchen Situation sogar Importe aus Ägypten im Lebensmitteileinzelhandel sehen, muss uns alle - auch aus Gründen der Nachhaltigkeit - nachdenklich stimmen,“ so Tannen. 
„Der Milchmarkt hat uns mit guten Auszahlungspreisen unserer Molkereien bis zum jetzigen Zeitpunkt durch dieses Jahr begleitet, aber auch hier deutet sich Marktdruck durch höhere Milchanlieferungen an. Der negative Mengeneinfluss durch die Blauzungenkrankheit schleicht sich langsam aus“, erläutert Tannen. Beim Rind- und Geflügelfleisch verzeichneten die Landwirte in den letzten Monaten positive Entwicklungen. Anders stellt sich die Lage beim Schweinefleisch dar: „Die Erzeugerpreise sind nur durchschnittlich – bei den Kostensteigerungen in der Produktion wäre hier für unsere Betriebe eine stärkere Preisbewegung nach oben wichtig.“ 
 
Politische Rahmenbedingungen bereiten Sorgen
Neben dem wirtschaftlichen Rückblick nahm Tannen auch die aktuellen politischen Herausforderungen in den Blick. Das geplante Mercosur-Abkommen sorge für große Unsicherheit in unseren Reihen: „Wir haben die Sorge, dass Fleischimporte aus Südamerika auf unsere Märkte drängen – mit deutlich geringeren Standards und ohne klare Transparenz für die Verbraucher. Das bedeutet einen erheblichen Wettbewerbsnachteil für unsere Betriebe. Mit Dumpingpreisen Richtung Verbrauchern laufen wir Gefahr, die Motivation für eine Produktion in höhere Haltungsformstufen auf unserer Ebene abzuwürgen.“
Auch beim Bürokratieabbau zeigt sich der LHV-Präsident unzufrieden: „Hier stockt vieles. Wir brauchen endlich konkrete Schritte. Dabei müssen nicht nur die Landwirte liefern, sondern auch die landwirtschaftlichen Institutionen und insbesondere auch die öffentliche Verwaltung. Digitalisierung kann ein Baustein zur Lösung sein, doch ohne eine leistungsfähige Infrastruktur kommen wir nicht weiter. Die öffentliche Hand muss dringend digitaler werden, Schnittstellen schaffen und damit Verpflichtungen zu Doppelmeldungen für uns Landwirte abschaffen.“
 
Zukunft der Tierhaltung
Große Sorgen bereitet dem Verband der anhaltende Abbau in der Tierhaltung. „Wir Landwirte in Niedersachsen investieren nicht annähernd die laufenden Abschreibungen. Allein damit wird sich der Abbau der Tierhaltung fortsetzen. Das zeigt auf, wie verunsichert wir Tierhalter sind – obwohl Märkte durchaus Chancen und gute Perspektiven bieten“, mahnt Tannen. Dieser negative Trend treffe vor allem auch die vor- und nachgelagerten Bereiche, da regionale Rohstoffe fehlen werden. „Wenn wir Agrarland Nummer eins bleiben wollen, so wie es auch Ministerpräsident Olaf Lies formuliert hat, brauchen wir verlässlichen, politischen Rückenwind auf breiter Basis.“
 
Baurecht, Verwaltung und Europa
Kritisch sieht der LHV zudem die Hürden im Baurecht. „Wir brauchen vereinfachte und verlässliche Regeln, die es ermöglichen, Betriebe zukunftsfähig zu gestalten. Bei den momentanen Regelwerken lässt sich auch ein Umbau für mehr Tierwohl ohne Kapazitätserweiterung oft nicht umsetzen. Der Dienstleistungsgedanke in den Behörden muss wieder stärker in den Vordergrund treten – immerhin geht es um die Wirtschaftskraft und die Zukunftsfähigkeit ganzer Regionen“, so Tannen.
Mit Blick nach Europa verweist er auf einen wichtigen Termin in Brüssel zur weiteren Entwicklung der Nutztierhaltung: „Dort hat sich die Notwendigkeit für unsere ländlichen Regionen gezeigt, intensiv an den hier beschriebenen Themen zur Weiterentwicklung der Tierhaltung zu arbeiten.“ Das größte Thema auf Brüsseler Ebene sind aber eindeutig die Vorschläge zum neuen mehrjährigen Finanzrahmen ab 2028. „In Gesprächen mit verschiedenen Abgeordneten des Europäischen Parlaments ist mir klar geworden, dass die ersten Vorschläge hierzu sehr in der Kritik stehen. Eine schnelle Einigung über Summen und Struktur des neuen Haushaltsplanes erwarte ich unter diesen Umständen nicht.“
 
Fazit
Tannen fasst zusammen: „Erntedank ist nicht nur Rückblick, sondern auch Mahnung. Wir Landwirte leisten Tag für Tag unseren Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung – mit hochwertigen Lebensmitteln, unter hohen Standards und aus tiefer Verantwortung für unsere Kulturlandschaft und unseren nächsten Generationen. Politik und Gesellschaft sind gefordert, für uns die nötigen Rahmenbedingungen zu gestalten, damit wir diesen Auftrag auch in Zukunft wirtschaftlich stark erfüllen können.“

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