23.06.2022
Der Präsident des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Ostfriesland e. V., Manfred Tannen, findet deutliche Worte zu dem aktuellen Verordnungsvorschlag der EU-Kommission zur Wiederherstellung der Natur: „Diese Vorschläge sind ein Schlag ins Gesicht all derjenigen Bauern, die in den FFH- und Vogelschutzgebieten ohnehin schon mit Auflagen wirtschaften müssen.“ In Ostfriesland sind 38.000 ha als sogenanntes Natura 2000-Gebiet ausgewiesen, in denen nach den aktuellen Ankündigungen des EU-Vizepräsidenten Frans Timmermans künftig ein noch restriktiveres Naturschutzregime eingeführt werden soll. Besonders das geplante Totalverbot von Pflanzenschutzmitteln treibt den obersten Vertreter der ostfriesischen Bauern auf die Palme.
Dazu muss man wissen, dass erst Ende 2020 mit der Rahmenvereinbarung zum „Niedersächsischen Weg“ auf Landesebene nach langen und harten Verhandlungen eine Einigung mit den Umweltverbänden zu genau diesen Vorgaben erzielt wurde. Die gesetzlichen Grundlagen im Niedersächsischen Naturschutz- und Wassergesetz wurden seinerzeit im Landtag einstimmig verabschiedet. Unter Federführung der Landesregierung wird die Umsetzung weiterhin als kooperativer Prozess mit allen Beteiligten vorangetrieben und auch finanziert. Diesen historisch einmaligen Kompromiss zerstört die EU-Kommission jetzt vorsätzlich mit ihrer Veröffentlichung zur „Nature Restoration Law“. Mit diesem Verordnungsvorschlag werden alle Ansätze vor Ort zunichte gemacht, gemeinsam mit den Umweltverbänden die Schutzgebiete zu betreuen und zu entwickeln. „Anstatt Landwirte zu motivieren, Schutzziele zu erreichen, kommen diese Vorschläge einem Berufsverbot insbesondere für unsere Ackerbauern auf den guten Küstenstandorten gleich. Diese Überlegungen sind gerade auch vor dem Hintergrund der Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssicherheit völlig aus der Zeit gefallen!“ äußert sich Tannen erbost.
Der EU-Vizepräsident verstößt damit eklatant gegen das Subsidiaritätsprinzip, eine der fundamentalen Grundlagen der Europäischen Gemeinschaft, die sicher stellen soll, dass regionale Belange vor Ort geregelt werden und nicht vom Brüsseler Verwaltungsapparat. Der ist mit solchen Aufgaben offenkundig völlig überfordert und versucht wieder mit pauschalen Konzepten, die in der Vergangenheit schon nicht funktioniert haben, etwas zu ändern. Möglicherweise spielen beim Niederländer Timmermans auch nationale Interessen eine Rolle: Im Gegensatz zu Deutschland sind seinerzeit in den Niederlanden kaum landwirtschaftliche Flächen als Natura 2000-Gebiete nach Brüssel gemeldet worden, sondern hauptsächlich bestehende Naturschutzgebiete. Die dortige Landwirtschaft wäre daher kaum betroffen.