Landwirtschaftlicher Hauptverein für Ostfriesland e.V.

15.12.2021

Schweinehalter bangen um ihre Existenz

Seit Monaten kennt der Preis für Schweinefleisch nur eine Richtung – nach unten. Das macht Schweinehalter Henry Brüling aus Blomberg traurig. „Man arbeitet von morgens bis abends und macht nur Verluste, das hält auf Dauer keiner durch.“

Schweinehalter kennen seit Jahrzehnten Preisschwankungen und können damit auch umgehen, jedoch sei eine so desaströse Entwicklung wie derzeit bislang nie dagewesen. Neben den geringen Verkaufserlösen seien vor allem die hohen Futterkosten sehr problematisch für die Schweinehalter.

 

Die Nachfrage sei rückläufig, dafür gäbe es mehrere Gründe. Zunächst einmal sorge Corona u.a. durch ausgefallene Volksfeste nach wie vor für eine geringe Inlandsnachfrage. Daneben habe sich für die Vermarktung von u.a. Pfötchen, die in Europa nicht gegessen würden, in den letzten Jahren der asiatische Markt als dankbarer Abnehmer erwiesen. Hier gelten diese Teile als Delikatesse – in Europa müssten sie entsorgt werden. Seit einiger Zeit kann aus Deutschland kein Schweineprodukt nach China exportiert werden – Ursache ist die Afrikanische Schweinepest. Mit zunehmender Sorge blickt Familie Brüling auf den Nachweis des Erregers auf einem Betrieb in Mecklenburg-Vorpommern. Die Einschläge kämen näher – Brüling hoffe, dass die weitere Verschleppung innerhalb Deutschlands durch hohe Sicherheitsstandards gebremst werde. Fakt sei aber, so Kreisgeschäftsführer Johannes Müller, dass sich Wildschweine nicht räumlich begrenzen ließen und so das Virus weiter verbreiteten. Die vermehrte Jagd sei nur ein Baustein in der Problemlösung; eine zeitnahe Impfung der Hausschweinbestände eine Ergänzung, ein Impfstoff stecke aber noch in den Kinderschuhen. Eine Verbreitung in den Wildbeständen könne durch eine Impfung aber auch nicht gestoppt werden.

 

Neben den Verwerfungen am Markt seien aber die politischen Unsicherheiten schweinehaltender Betriebe auch nicht zu vernachlässigen. Diesen Betrieben fehlt eine klare politische Aussage, wie sie ihre Betriebe so weiterentwickeln könne, dass diese Umbaumaßnahmen auch auf Dauer dem entsprechen, was politisch und gesellschaftlich gefordert wird. Denn nur so können die Baumaßnahmen bezahlt werden. So ist es nicht verwunderlich, dass auch wegen der politischen Unsicherheit die Schweinefleischerzeugung und damit auch Zahl der Schweinehalter in Deutschland seit Jahren rückläufig ist.

Landwirt Henry Brüling möchte gemeinsam mit seinem Sohn Michael den Betrieb in die Zukunft entwickeln, sich an die Anforderungen der Gesellschaft nach mehr Tierwohl und Außenklima anpassen. Dabei stehen ihm aber große Hürden im weg. „Wir wollen uns gerne anpassen, brauchen aber Planungssicherheit bei den großen Investitionssummen für die nachhaltige Transformation“, so Brüling. Wir können nicht ins Blaue investieren, ohne zu wissen, ob wir die Darlehen jemals abbezahlen können.“

Dazu die ungelösten Probleme. Eine Reduktion der Klimagase ist gewünscht, weiß Kreislandvolkvorsitzender Günter Lüken, doch wie soll das gelingen, wenn gleichzeitig die Ställe für die Verbesserung des Tierwohls geöffnet werden und Außenklima ermöglicht werden sollen? Die neue Bundesregierung muss dafür Antworten liefern, wenn die Schweinehaltung in Deutschland zukünftig noch möglich sein soll.

 

Der Handel scheint weiter zu sein als die Politik – ein Zeichen, dass auch die Nachfrage der Verbraucher vorhanden ist – einige Discounter wollen Fleisch nur noch aus den höchsten Haltungsstufen anbieten. Doch höhere Standards kosten auch Geld, woher soll der Mehrbedarf kommen? Die s.g. Borchert-Kommission hat dazu Vorschläge gemacht, ob sich ein Finanzierungskonzept dafür umsetzten lässt. Die Beantwortung dieser Frage wird die Zukunft zeigen.

 

Henry Brüling blickt dennoch positiv in die Zukunft. Er hofft, dass sich Vorschläge, wie der von Rewe, in Zukunft zu 95% konventionelles Fleisch aus deutscher Herkunft anzubieten (geboren, aufgezogen, gemästet, geschlachtet, verarbeitet), durchsetzen. Ein lange von der Interessensvertretung eingefordertes Bekenntnis des Handels zu deutschen Produkten.

 

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