Landwirtschaftlicher Hauptverein für Ostfriesland e.V.

16.07.2020

Leserbrief zum Bericht „Es fehlt die realistische Sicht“

Leserbrief zum Bericht „Es fehlt die realistische Sicht“
Anzeiger für Harlingerland vom 16. Juli 2020 S. 5

Ganz besonders schade finde ich, dass die Vorwürfe der Grünen neuerdings nur über Zeitungsmitteilungen an uns herangetragen werden. Wir standen und stehen immer für den persönlichen Dialog und einen respektvollen Umgang miteinander.
Wir sind übrigens gerne realistisch: In der Regel beruft man sich auf genau eine „Studie“ zum Insektensterben, die Beobachtungen in Orbroich, einem Naturschutzgebiet (NSG) bei Krefeld. Parallel zu der dort zurückgehenden Insektenmasse - in einem NSG - gab es noch andere Entwicklungen, die nie Erwähnung finden. Nur ein Beispiel: die Beweidung der im Naturschutzgebiet liegenden Flächen wurde verboten und wir wissen alle, dass viele Insekten die Kuhfladen sehr schätzen. Es gibt mittlerweile weitere Studien auf wissenschaftlicher Basis zum Insektenrückgang, die etwas differenzierter unterwegs sind. Da das Thema bisher kaum jemanden gekümmert hat, stehen viele Forschungsvorhaben erst in den Startlöchern.
Wir verschließen uns dem Thema Artenvielfalt nicht, wir verstehen uns als größte Flächennutzer als Teil der Lösung. Allein über Agrar- und Umweltmaßnahmen entstanden in den letzten Jahren freiwillig über 2 Millionen Quadratmeter „spärliche“ Blühstreifen nur in Ostfriesland. Mich wundert, dass das was die ostfriesischen Landwirte leisten, noch nicht genug sein soll. Unser ehemaliger niedersächsischer Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) hat uns bei seinem Besuch 2013 erzählt, dass hier die Landwirtschaft so sei, wie er sich das vorstelle.
Das Volksbegehren fordert zwar Entschädigungsleistungen für die Landwirte, aber dauerhaft gesichert sind sie nicht. Im Gegensatz zum Niedersächsischen Weg, der auch weit mehr als nur eine Absichtserklärung ist. Gerade in diesem Moment finden die Verhandlungen zu den Gesetzesentwürfen statt. An diesen Verhandlungen sind Nabu und BUND beteiligt! Die Grünen allerdings nicht, daher vermutlich auch die Attacken gegen den Niedersächsischen Weg und die Landwirtschaft. Das Volksbegehren erlaubt übrigens weiterhin den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und zwar die, die im Öko-Landbau verwendet werden dürfen, dazu würde beispielsweise das bienengefährliche Spinosad zählen.
Warum wird der Maisanbau hier so kritisch gesehen? Der Pflanzenschutzmitteleinsatz ist im Vergleich zu anderen Ackerbaukulturen sehr niedrig (1-2 Mal gegen Unkräuter und Gräser, i. d. R. kein Insektizideinsatz). Der Anteil der Anbaufläche an der landwirtschaftlich genutzten Fläche liegt ostfrieslandweit bei gerade mal 15 Prozent. Die Verwertung als regional erzeugtes Tierfutter oder für die Ökostromgewinnung sollte doch die Zustimmung aller haben. Zumal die CO2-Bindungskraft von Mais im wahrsten Sinne des Wortes überragend ist.
Für eine realistische Sicht gehört der Blick auf Zielkonflikte dazu und es wäre der persönliche Austausch mit Landwirten sinnvoll, wir stehen dafür gerne zur Verfügung.

Günter Lüken
Vorsitzender Landvolk Wittmund

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