Landwirtschaftlicher Hauptverein für Ostfriesland e.V.

15.12.2017

LHV-Delegiertenversammlung 2017

Wie in jedem Jahr beendet der LHV sein Jahr mit der Delegiertenversammlung. Man blickt auf das Jahr zurück. Die Haushalte wurden in den vergangenen Wochen auf den Kreisdelegiertenversammlungen bereits ausführlich diskutiert. Der LHV e.V. ist zufrieden mit den Ergebnissen seiner Töchter. Dennoch ist eine Anpassung der Beitragsordnung notwendig und diese wurde auch mehrheitlich angenommen.

Präsident Erich Hinrichs berichtet zum letzten Mal über die agrarpolitischen Ereignisse (s.u.). Turnusgemäß standen in diesem Jahr die Wahl zum Präsidenten und Vize-Präsident auf der Tagesordnung. Erich Hinrichs und auch Vize-Präsident Justus Ackermann traten nicht wieder an. Zur Wahl stellten sich Manfred Tannen als Präsident und Carl Noosten als Vize-Präsident.Sie wurden beide mit großer Mehrheit gewählt und treten zum 1. Januar 2018 ihre Ämter an. Beide dankten dem scheidenen Vorstand. Erich Hinrichs und Justus Ackermann werden zu einem späteren Zeitpunkt gebührend verabschiedet.

Als Gastredner spräch Albert Schulte to Brinke zum Thema „Unser Betrieb zwischen Markt und gesellschaftlichem Anspruch“ (s.u.).

Nachfolgend einige Eindrücke:

Die letzte Delegiertenversammlung von Präsident Erich Hinrichs. 112 Kb
Es ist auch die letzte mit Justus Ackermann als Vize-Präsident. 120 Kb
Natürlich kommen zunächst die Formalia. Hier berichtet Wilko Meyer von der Kassenprüfung. 102 Kb
Der Vorstand wurde entlastet.
Der Vorstand wurde entlastet. 120 Kb
Es standen Wahlen an. Jeder Delegierte erhielt einen Stimmzettel.
Es standen Wahlen an. Jeder Delegierte erhielt einen Stimmzettel. 102 Kb
Karl Hedden übernahm die Wahlleitung. 116 Kb
Einsammeln der Stimmzettel.
Einsammeln der Stimmzettel. 116 Kb
In der Zwischenzeit verabschiedete Erich Hinrichs drei scheidende Gesamtvostandsmitglieder. V.l.n.r. Heiko Albers, Joachim Busker, Erich Hinrichs und Jannes de Boer.
In der Zwischenzeit verabschiedete Erich Hinrichs drei scheidende Gesamtvostandsmitglieder. V.l.n.r. Heiko Albers, Joachim Busker, Erich Hinrichs und Jannes de Boer. 107 Kb
Kurz darauf konnte Erich Hinrichs Manfred Tannen (links) zur gewonnenen Wahl gratulieren.
Kurz darauf konnte Erich Hinrichs Manfred Tannen (links) zur gewonnenen Wahl gratulieren. 108 Kb
Carl Noosten (links) wurde zum Vize-Präsidenten gewählt. 110 Kb
Nach den Wahlen hielt Albert Schulte to Brinke seinen Vortrag.
Nach den Wahlen hielt Albert Schulte to Brinke seinen Vortrag. 111 Kb
Manfred Tannen dankte ihm und wünschte ihm für Montag alles Gute. 103 Kb
Abschließend dankte er Hinrichs für seine Arbeit als Präsident. 108 Kb
Carl Noosten dankte Justus Ackermann für sein Engagement. 108 Kb

Der geschäftsführende Vorstand ab 1. Januar 2018

Zum geschäftsführenden Vorstand gehören der Präsident, der Vize-Präsident und die vier Kreisverbandsvorsitzenden:

• Manfred Tannen (Präsident, bisher Erich Hinrichs)

• Carl Noosten (Vize-Präsident, bisher Justus Ackermann und Kreisverbandsvorsitzender Norden-Emden)

• Hartwig Frühling (Kreisverbandsvorsitzender Aurich)

• Klaus Borde (Kreisverbandsvorsitzender Leer, bisher Justus Ackermann)

• Günter Lüken (Kreisverbandsvorsitzender Wittmund, bisher Manfred Tannen)

 

Carl Noosten, Manfred Tannen, Günter Lüken, Klaus Borde und Hartwig Frühling (v.l.n.r.)

Mitglieder des LHV-Gesamtvorstands ab 1. Januar 2018

Manfred Tannen, Bensersiel

Carl Noosten, Ostdorf

Hartwig Frühling, Wiesmoor

Klaus Borde, Jemgum

Günter Lüken, Utarp (neu)

Eckhard Fleßner, Haxtum

Jan Remmers, Moordorf

Jan Broers, Wrisse (neu, vorher: Heiko Albers)

Gerd-Udo Heikens, Campen

Michael Dembeck, Larrelt (neu, vorher: Jannes de Boer)

Wilhelm Habbena, Wirdum

Weert Beening, Esklum (neu, vorher: Justus Ackermann)

Gerhard Bohlen, Warsingfehn

Johannes Erchinger, Logabirum

Wolfgang Franke, Ochtersum

Meinhard Borchers, Funnix (neu, vorher: Joachim Busker)

Detlef Grüßing, Bentstreek

 

Für die LandFrauen: Hermanda Harms, Dose

Für die Landjugend: Theodor Meinders, Klostermoor

Als Gast für die Junglandwirte: Folker Martens, Ammersum

15.12.2017

Schulte to Brinke wirbt für Ökonomie und Nachhaltigkeit

L P D – Landwirtschaft bleibt ständig in Bewegung, und unsere Bauern und Bäuerinnen noch viel mehr. Im Spannungsfeld zwischen Markt und gesellschaftlichem Anspruch bescheinigte Albert Schulte to Brinke, einziger Kandidat für das Amt des Präsidenten beim Landvolk Niedersachsen ab 2018, den Landwirten gute Ausgangspositionen. „Wir Landwirte stehen zu den Leitlinien der ordnungsgemäßen Landwirtschaft, wir beherzigen sie aus Überzeugung. Unsere jungen Hofnachfolger sind bestens ausgebildet und voller Ideen, aber Politik kann uns auch unterstützen“, sagte er auf der Delegiertentagung des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Ostfriesland (LHV) in Aurich. Ganz konkret dagegen sehen sich die Grünlandbauern durch die neue Düngeverordnung vor erhebliche Herausforderungen gestellt: Sie müssen die Düngung so weit reduzieren, dass sie negative Folgen für die Bodenfruchtbarkeit befürchten! Schulte to Brinke sprach auch die Gänseproblematik an, hier sei dringend eine Lösung notwendig, damit die Bauern ihre Flächen weiter nutzen könnten. Mehr Akzeptanz wünschen sich nicht nur die ostfriesischen Landwirte beim Blick auf die ökonomische Seite ihrer Höfe. Die Bauern wirtschaften nachhaltig, aber dazu zählen nicht nur Ökologie, Tierwohl und soziale Zufriedenheit von Mitarbeitern und Familie, sondern auch der wirtschaftliche Erfolg. „Wenn der dauerhaft gefährdet ist, gerät der gesamte Betrieb ins Wanken“, warnte Schulte to Brinke. Über die Ausrichtung ihrer Höfe entscheiden die Landwirte und ihre Familien selbst, sie bestimmen ob sie konventionell oder als Biobetrieb arbeiten, ob sie die Direktvermarktung ausbauen oder eher überregionale Märkte bedienen wollen. Schulte to Brinke ermunterte seine Zuhörer noch offensiver auf die Gesellschaft zuzugehen und Einblick in die moderne Landwirtschaft zu vermitteln. Mit „Frühstück sucht Gast“ und anderen Angeboten der Öffentlichkeitsarbeit hätten die Bäuerinnen und Bauern in Ostfriesland bereits überzeugende Angebote geschaffen. Mit dem Weidemilchlabel sowie dem Qualitätsmanagement Milch oder der Initiative Tierwohl sah er die Landwirtschaft ebenfalls auf einem guten Weg, Ansprüchen der Gesellschaft entgegen zu kommen. Im Gegenzug dürften die Landwirte für ihre Vorleistungen eine angemessene Honorierung des zusätzlichen Aufwandes erwarten. Und er ergänzte an die Adresse der nicht landwirtschaftlichen Bevölkerung, diese Leistung gelegentlich anzuerkennen und zu würdigen. „Auch Landwirte hören mal ganz gern ein Wort der Anerkennung“, sagte Schulte to Brinke dazu.

15.12.2017

Agrarpolitischer Bericht 2017 des Präsidenten Erich Hinrichs

(Es gilt das gesprochene Wort)

 

„Alls löppt sük torecht!“ Diese beruhigende Gewissheit in Phasen mit ungünstiger Witterung für die Landwirtschaft gilt in diesem Jahr erstmals nicht mehr. Mancher Maisschlag konnte wegen fehlender Befahrbarkeit, manchmal auch wegen Abknicken der Halme und Lager, nicht geerntet werden. Der letzte Grünlandaufwuchs konnte nicht beweidet oder geschnitten und geerntet werden. Dort, wo im Herbst geerntet wurde, zeugen tiefe Fahrspuren von der Nässe und unzureichenden Befahrbarkeit der Ländereien.

Wer es geschafft hat, Raps zu säen, der hat in diesem Jahr schon extrem viel geleistet. Wegen des permanenten Regens wissen die kleinen Rapspflanzen aber noch nicht so recht, ob sie durchhalten wollen und Wurzelmasse bilden oder kapitulieren und eingehen. Wintergetreide ist allenfalls auf 20 Prozent der geplanten Anbaufläche ausgesät worden. Gut aufgelaufene Bestände sind kaum zu sehen. Auf vielen Flächen wäre die Saat besser unterblieben, weil die Äcker sich nach der Saat als Seenlandschaft präsentieren.

Der Herbst des Jahres 2017, der quasi bereits Mitte Juni begann, hat die Nerven der Bauern strapaziert. Nur wenige regenfreie Tage gab es für die Silageernte auf dem Grünland und für die Getreideernte. Ganz extrem hart aber hat es die Kartoffelanbauer bei uns in Ostfriesland getroffen. Siebfähiger Boden war praktisch nie gegeben. Die Kartoffelernte war eine einzige Schlammschlacht. Mindestens ein Drittel der Kartoffeln, meistens Saatkartoffeln von hoher Zuchtstufe, konnten nicht geerntet werden. Das sind Erlösausfälle von 8.000 bis 10.000 Euro je Hektar.

In diesem Jahr werden wir wahrscheinlich Rekordniederschläge von deutlich mehr als 1.000 mm Regen überall in Ostfriesland erreichen. Diese Regenmassen fielen überwiegend konzentriert in der zweiten Jahreshälfte und erschwerten alle Erntebemühungen und machten eine Herbstbestellung fast unmöglich. Die erste Jahreshälfte war dagegen gekennzeichnet von unterdurchschnittlichen Niederschlägen Richtig trocken war es aber nur rund um Pfingsten, als viele schon einen extrem trockenen Sommer befürchteten. Nun - das Gegenteil ist eingetreten, wie wir alle wissen.

Dieses extreme Wetter wird sich früher oder später noch in den Bilanzen unserer Betriebe bemerkbar machen. Das Rindvieh musste mindestens einen Monat früher als normal aufgestallt und mit teurem Winterfutter versorgt werden. Das Grünland geht meistens überständig oder mit Trittsiegeln übersät in den Winter. Die größten finanziellen Auswirkungen der Wetterextreme sind bei Grünland und Ackerland deshalb im nächsten Jahr zu erwarten. Ganz wichtig zur Beseitigung der Bodenverdichtungen und Strukturschäden wäre jetzt ordentlicher Kahlfrost.

Besonders zum Ende der Sperrfrist für die Gülleausbringung nach der neuen Düngeverordnung benötigen die meisten Viehhalter dieses Jahr dringend gefrorenen Boden, um Gülle ausfahren zu können. Ausreichende Güllelagerkapazitäten werden ein Problem, denn viele Lager konnten nicht mehr geleert werden und die frühe Rinderaufstallung hat den Gülleanfall nochmals erhöht. Mancher Betrieb benötigt eventuell eine unkonventionelle Lösung, um überlaufende Behälter zu verhindern. Freie Lagerkapazitäten dürften mittlerweile vergeben sein. Bei der Gülleausbringung bei Frost gibt es auch bei der neuen Düngeverordnung weiterhin Beurteilungsschwierigkeiten, wann der Boden Nährstoffe aufnehmen kann. Ich appelliere in diesem Ausnahmejahr schon heute an alle Behörden, den Ermessensspielraum voll auszunutzen und nicht zu päpstlich zu werden. Solange die gesetzlichen Abstände zu Gewässern eingehalten werden, ist bei unseren ebenen Feldern mit Abschwemmung der Nährstoffe nun wirklich nicht zu rechnen. Kommt zur rechten Zeit jedoch kein Frost, dann werden Notlösungen zur Lagerung unumgänglich sein.

Die politische Großwetterlage dieses Jahres war viel erfreulicher und bot mehr Lichtblicke als das Wetter. Die Brexit-Verhandlungen sind wie erwartet schwierig und kommen kaum voran. Sie binden enorme Verwaltungsressourcen und am Ende stehen die EU und Großbritannien wahrscheinlich beide als Verlierer da. Großbritannien wird auch nach dem Austritt noch weiter zahlen müssen. Von 45 Mrd. Euro war letzte Woche die Rede, aber eigentlich erwartet die EU eine noch höhere Summe von United Kingdom.

Ab 2020 beginnt die nächste EU-Förderperiode und Kommissar Oettinger muss im nächsten Jahr einen mittelfristigen Finanzrahmen vorlegen. Mit Einbußen von netto 7 bis 8 Mrd. Euro soll angeblich der Agrarbereich rechnen müssen. Das ist für Europas Bauern keine schöne Perspektive. Es wird schon viel Überzeugungsarbeit von der Bauernlobby zu leisten sein, damit das Loch nicht noch größer wird.

Der befürchtete Durchmarsch von europafeindlichen Populisten ist bei den Wahlen in Holland und Frankreich ausgeblieben. Die Präsidentenwahl in Frankreich hat mit Emmanuel Macron einen neuen jungen Hoffnungsträger für die europäische Idee in den Elysee-Palast gebracht, der Optimismus verbreitet und neue Dynamik entfaltet. Die Hängepartie in Deutschland bei der Regierungsbildung bremst natürlich diesen Schwung wieder ab. Gedanklich, so mein Eindruck, suchen die Parteien bei uns taktisch bereits die besten Ausgangspositionen für eine eventuelle Neuwahl als letzten Ausweg. Die gerade frisch gewählten Abgeordneten des Bundestags sind davon meistens wenig begeistert. Hoffentlich ist der Optimismus berechtigt, dass Ostern eine neue Regierung steht und dies keine Minderheitsregierung ist.

Zunächst ist zu hoffen, dass Macron mit seinen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsreformen Erfolg hat, sich gegen die immer streikbereiten französischen Gewerkschaften durchsetzen und die französische Wirtschaft beleben kann, vor allem die Jugendarbeitslosigkeit reduzieren kann. Französische Erfolge in der Wirtschaftspolitik wären ein Fanal für die südeuropäischen Volkswirtschaften und würden den Populisten, die von Stagnation und Perspektivlosigkeit profitieren, das Wasser abgraben.

Geostrategisch wären die Nationen in Europa klug beraten, ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen zu bündeln und die europäische Idee voran zu bringen. Konflikte, die wir um Autonomiebewegungen z. B. in Katalonien erleben, lassen allerdings immer wieder Zweifel an der politischen Klugheit in Europa aufkommen.

Die jüngste Asienreise von Präsident Trump, in der er sich auf der Konferenz der APEC-Staaten gegen multilaterale Handelsabkommen aussprach, ist von Wirtschaftskommentatoren so interpretiert worden, dass die USA sich selbst als mächtigste Wirtschaftsmacht abgemeldet haben. Diese Rolle übernehmen die Chinesen, deren Staatspräsident Xi Jingping den Prozess der Globalisierung als historisch und unumkehrbar einstufte und Fakten schafft durch ein Netz von multinationalen Handelsabkommen, bei denen die Amerikaner jetzt außen vor sind. Solche Abkommen haben enorme Tragweite, denn dort werden die Produktnormen definiert, die im internationalen Handel gelten. An die Chinesen wird in Zukunft allein wegen der Bevölkerungsgröße niemand vorbei können. Europa sollte sich schleunigst darauf vorbereiten.

Kommen wir von der globalen Betrachtung zurück auf den Standort Deutschland. Nach jedem Gewittersturm dieses Sommers und erst recht nach dem Orkan Xavier brach der Bahnverkehr in Deutschland zusammen. Mit der Pünktlichkeit der Bahn wird es seit Jahren immer schlechter. Viele Autobahnen sind in einem schlechten Zustand, unzählige Brückenbauwerke sind marode. Beim Breitbandausbau als Voraussetzung für die erwartete Digitalisierung der Wirtschaftswelt hinkt Deutschland im internationalen Vergleich weit hinterher.

Der Netzausbau, unumgänglich für die Energiewende und das Umschalten auf noch mehr regenerative Energie kommt schon in der Planung nur schleppend voran. Um die Infrastruktur in Deutschland steht es nicht zum Besten. Die brummende Wirtschaft, niedrige Arbeitslosigkeit und sprudelnde Steuereinnahmen lenken von den Problemen unseres Landes ab. Vor allem unsere Planungszeiträume sind viel zu lang, viel zu aufgebläht und werden durch eine Unzahl von Klagemöglichkeiten, von denen besonders Umweltorganisationen liebend gerne Gebrauch machen, unendlich in die Länge gezogen. Hier ist Handlungsbedarf. Wir schaffen nicht gleich unsere Demokratie ab, wenn wir die Einspruchsmöglichkeiten von Bürgern und Initiativen deutlich reduzieren. Verbandsklagerechte und Umweltverträglichkeitsprüfungen treiben bisweilen seltsame Blüten und treiben manchen Planer in den Wahnsinn.

Beispiel gefällig: Zur Elbvertiefung kann man wegen der Deichsicherheit geteilter Meinung sein. Hamburg sieht dies als Schicksalsfrage für seinen Containerhafen. Der Planfeststellungsbeschluss nach 15 Jahren Planung umfasst 2.000 Seiten. Im Prinzip könnte die Baggerei losgehen. Aber das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verlangt noch eine Nachbesserung im Artenschutz. Es geht um den Schierlingswasserfenchel, der nur an der Elbe vorkommen soll. Hier verlangt das BVG eine Nachbesserung. BUND und NABU fühlen sich bestätigt. Hamburg ist ratlos, wie es diese Auflage erfüllen soll.

Der zuständige Richter sagt, er müsse geltendes deutsches Planungs- und Umweltrecht anwenden. Da ist der Schierlingswasserfenchel einfach wichtig. Oder wollte der Richter der Politik mit auf den Weg geben, sich mit ihrer Gesetzgebung nicht selbst zu strangulieren? Bei unserem Umweltrecht ist vielleicht doch einiges aus dem Gleichgewicht gekommen. Ein mutiger Gesetzgeber könnte das ändern.

Anderes Beispiel: Emden benötigt für seinen Hafen mit mehr als einer Millionen Autoumschlag eine Vertiefung der Außenems und wartet seit Jahren, dass es losgehen kann. Zu berücksichtigen sind hier der Nationalpark und das FFH-Recht. Während alles auf grünes Licht vom NLWKN wartet, schaffen unsere niederländischen Nachbarn Fakten in Emshaven und schaffen einen zweiten Tiefwasserhafen. Das Baggergut verklappen sie vor der ostfriesischen Küste mit Genehmigung des NLWKN. Wahrscheinlich erhöht diese Aktivität nochmals den Sedimenteintrag in die Ems. Da helfen dann auch kein Masterplan und keine Ausgleichsmaßnahmen auf den Flächen unserer Landwirte.

Aber jetzt hat Niedersachsen ja eine GroKo. Es bleibt zu hoffen, dass beim Infrastrukturausbau jetzt einiges zügiger geht, z. B. bei der Küstenautobahn. In Niedersachsen wollten die beiden Grünen-Minister zum Ende der Legislaturperiode offensichtlich nochmals deutlich das grüne Profil schärfen. Novellen des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes, des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) und des Grundstücks- und Landpachtverkehrsrechts standen als größte Aufreger für uns Landwirte auf der Tagesordnung. Alle drei Gesetze sind wegen der vorzeitigen Auflösung des Landtags und Neuwahlen am 15. Oktober nicht mehr verabschiedet worden.

Beim NWG plante Minister Wenzel einen Paradigmenwechsel durch Verschiebung der Prioritäten. Die Gewässer sollten nicht mehr in erster Linie der Wasserabführung sondern der Ökologie dienen. Der größte Aufreger war jedoch die Forderung nach einem 5 m-Streifen an allen Gewässern 2. und 3. Ordnung, der freibleiben sollte von jeglicher Düngung und von chemischem Pflanzenschutz. Die Begründung kam auch hier von dem angeblichen Handlungsdruck durch die schlechten Nitratwerte aus dem deutschen Messstellennetz. In unseren grabenreichen Niederungsgebieten, zudem kleinparzellig, hätte eine solche Gesetzesvorschrift zu enormen Flächenverlusten für die normale landwirtschaftliche Bewirtschaftung geführt.

Die Landvolkverbände haben dann fleißig individuelle Eingaben über die persönliche Betroffenheit gesammelt. Das Deckblatt auf der Einladung zeigt die Übergabe der Unterschriftenlisten aus allen Teilen Niedersachsens Anfang April in Hannover. Enttäuschend war, dass Minister Wenzel sich nicht traute, sich den angereisten Landvolkvertretern zu stellen. Die SPD hätte den Gesetzentwurf so nicht mitgemacht. Der 5 m-Streifen des Ministers sollte auf einen Meter reduziert werden. Mit diesem Kompromiss wird die GroKo in Niedersachsen wieder antreten, so steht es im Koalitionsvertrag.

Das Agrarstruktursicherungsgesetz von Minister Meyer verfolgte ehrenwerte Ziele zur Sicherung einer bäuerlichen Agrarstruktur, u. a. eine Pachtpreisbremse. Leider enthielt dieser Gesetzentwurf nicht die Regelungen, die die Überschrift suggerierte. Die Ausnahmetatbestände für Flächenerwerbe durch Umweltverbände, Wasserwerke und Kommunen wären drastisch ausgeweitet worden. Es wurde völlig ignoriert, dass manchmal das Land selber Preistreiber für landwirtschaftliche Grundstücke ist, wenn Flächen für „Life-Projekte“ oder zukünftig den Masterplan Ems benötigt werden. Vieles in dem Gesetzentwurf war inkonsistent und praktisch undurchführbar, so u. a. das angedachte Register für Vorkaufsrechte oder Vorpachtrechte. Ein Bürokratiemonster und eine Pachtbremse ohne Wirkung wären entstanden.

Auch hier wird die GroKo Niedersachsen aber wieder aktiv werden. Sicherlich gibt es Handlungsbedarf bei der Abwehr von Fremdinvestoren auf dem landwirtschaftlichen Flächenmarkt, aber kein Patentrezept, wie das Ziel rechtssicher erreicht werden kann.

Klammheimlich, ohne Beteiligung des zuständigen Landwirtschaftsausschusses hat Minister Meyer auch einen Kanon an Änderungen an der ELER-Förderung auf den Weg gebracht, der von Brüssel zu notifizieren ist. Wichtigster Punkt dabei ist die beabsichtigte Streichung der Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten, von der in Ostfriesland viele Grünlandbetriebe profitieren. Als Begründung wird angeführt, dass die von der EU verlangte Neuabgrenzung der benachteiligten Gebiete die Fortsetzung der bisherigen Förderpraxis nicht zulasse. Diese Aussage ist aber nur zum Teil richtig. Richtiger ist wohl die Annahme, dass Minister Meyer die Fördermittel benötigte, um den wachsenden Anteil von ökologischem Landbau in Zukunft bedienen zu können.

Zu loben ist das Landwirtschaftsministerium in Hannover aus ostfriesischer Sicht jedoch für seinen Vorschlag zur Neuabgrenzung der benachteiligten Gebiete. Wegen des hohen Grünlandanteils wäre ganz Ostfriesland in Zukunft in dieser Förderkulisse, also auch die Marschenstandorte mit den hohen Bodenbonitierungen. Blöd ist nur, wenn wir in Zukunft eine Förderkulisse haben, aber keine Förderung. Jetzt gilt es abzuwarten, ob die neue Ministerin Otte-Kinast diese ELER-Änderung für Niedersachsen noch stoppen kann.

Eine neue Weideprämie, finanziert aus Landesmitteln, sehe ich nicht. Das war wohl doch Wahlkampfgetöse. Jedenfalls hat Meyer im Bundesrat keine Mehrheit gefunden, um umgewidmetes Bauerngeld aus der 1. Säule hierfür einsetzen zu können. Das wären dann aber auch keine Landesmittel gewesen, sondern unser Geld wäre neu verteilt worden.

Eine große Herausforderung für die Landwirtschaft in Deutschland wird die Umsetzung der neuen Düngegesetzgebung sein. Jahrelang wurde in der Politik über die neue Düngeverordnung gestritten. Für uns Landwirte wäre es besser gewesen, die neue Verordnung wäre bereits vier Jahre eher gekommen. Der Druck von Seiten der Umweltverbände, von Seiten der Wasserwirtschaft auf die Politik war enorm. Mit der Ehrlichkeit, wie es um unser wichtiges Nahrungsmittel, dem Wasser bezüglich Nitrat und Schadstoffrückstände tatsächlich aussieht, nahmen es die Kampagnenbetreiber nicht so genau. Katastrophenmeldungen und Übertreibungen wirken ja viel besser.

Bundespräsident Steinmeier hat beim Tag der deutschen Einheit vor neuen Mauern gewarnt, die unsere Gesellschaft spalten. Die Kampagnenbetreiber setzen genau dieselben Instrumente ein, die Populisten nutzen:

Polarisieren und übertreiben, einfaches Feindbild konstruieren (industrielle Landwirtschaft und Massentierhaltung) und sich selbst als Gutmensch und moralisch überlegen darstellen. Einer sachlichen, differenzierten Diskussion um Umwelt- und Klimathemen in der landwirtschaftlichen Produktion, seien es Nährstoffüberschüsse, Antibiotikaresistenzen, Glyphosat oder Insektensterben kann und wird sich der landwirtschaftliche Berufsstand nicht verschließen. Nicht alles, was wir Bauern machen, ist gut und richtig. Polarisierung und Vorurteile erschweren aber die Diskussion, schaffen Mauern, Gräben und Distanz und fördern auch nicht gerade Einsicht und Bereitschaft bei denen, die sich ändern oder bessern sollen. Es wäre schön, die Medien würden deutlich reflektierter mit manchen Horrormeldungen umgehen, die bewusst in die Welt gesetzt werden, und sich von solchen Kampagnen nicht gleich einspannen lassen.

Die Debatte um Glyphosat oder das Insektensterben, wobei beide Themen nichts miteinander zu tun haben, ist ein Musterbeispiel, wie in unserer Demokratie möglichst nicht gestritten werden sollte. Kampagnen, die Ängste und Hass schüren, die hetzen, vergiften das gesellschaftliche Klima in unserem Land. Das müsste allen NGOs und besonders Tierschutzorganisationen, die sich moralisch so stark und überlegen vorkommen, einmal deutlich ins Stammbuch geschrieben werden.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle nochmals hervorheben:

Die Nachfrage beim OOWV hat ergeben, die Nitratgehalte des in Ostfriesland geförderten Trinkwassers liegen unterhalb der Nachweisgrenze, also kein Nitrat enthalten. Ostfriesen können sich also weiterhin unbesorgt ihren Tee schmecken lassen!

Natürlich gilt das Vorsorgeprinzip. Auch in Ostfriesland erhält manches Feld manchmal zu viel Gülle. Das muss die Landwirtschaft abstellen. Anders als in anderen Regionen Niedersachsens passt in Ostfriesland aber das Verhältnis von Tierhaltung und Flächenausstattung. Bei der Düngeverordnung ist zum Schluss der Druck auf die Politik so groß geworden, dass die Fachlichkeit und Sachlichkeit auf der Strecke blieb. Die Düngeverordnung enthält Text mit Artikel 1 bis 15. Viel gravierender sind unter Umständen die 90 Seiten Tabellenwerk, die die Landwirte anwenden müssen. Niemand kann genau überblicken, wie sich die geänderten Tabellenwerte über Nährstoffbedarf und -anfall aus Tierhaltung und die neuen Rechengänge für die Nährstoffbilanzen auswirken. Eine Folgenabschätzung, bei der real existierende Betriebe durchgerechnet wurden, hat keiner gemacht. Eigentlich hätten wir dies von der Landwirtschaftskammer als Fachbehörde erwartet.

Mittlerweile gibt es ein EDV-Programm, das funktionieren soll. Der Beratungsbedarf bei den Betrieben wird riesig. Wir als Verband versuchen uns auf die Herausforderung einzustellen. Wir werden uns deshalb personell zu Beginn des neuen Jahres nochmals verstärken. Mir schwebt vor, dass wir zu Beginn des nächsten Jahres bei der Erstellung der Nährstoffbilanzen für 2017 nach alter Düngeverordnung gleichzeitig die Betriebe bei gleichem Viehbestand und bei gleicher Flächenausstattung und gleichem Düngemitteleinkauf nach neuer Düngeverordnung durchrechnen und Hinweise geben können, ob Anpassungsbedarf z. B. beim Mineraldüngereinsatz besteht, um die neuen Bilanzgrenzwerte einhalten zu können. Dann sehen wir auch, wo es bei welchen Konstellationen kneifen könnte. Es wird gemutmaßt, dies könnte am ersten bei Phosphor der Fall sein und es würde extensive Betriebe genauso treffen wie intensiv geführte Viehbetriebe. Warten wir es ab!

Dramatisch aufwendig sind die Düngebedarfskalkulationen und die Dokumentationspflichten. Besonders groß dürfte die Betroffenheit der Grünlandbauern auf Moorstandorten sein, weil hier Stickstoffnachlieferungen aus dem organischen Material unterstellt werden, die sich nicht annähernd mit den Erfahrungswerten unserer Landwirte decken. Festhalten können wir schon jetzt: Der überbetriebliche Nährstofftransfer ist deutlich erschwert, die Ausbringfenster für Gülle in Ackerbaubetrieben besonders im Herbst sind stark eingeschränkt, ein preistreibender Einfluss auf den Pachtmarkt durch zusätzlichen Flächenbedarf ist wahrscheinlich.

Um den Anforderungen an die neue Düngeverordnung genügen zu können, werden die meisten Betriebe noch in zusätzlichen Güllelagerraum und in Technik zur bodennahen Ausbringung investieren müssen. Die erforderliche Investitionssumme wird in den meisten Fällen eine sechsstellige Zahl sein. Wenn das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) wiederbelebt werden soll, so steht es im Koalitionsvertrag von SPD und CDU, dann sollten Investitionen zur Anpassung an die Düngeverordnung zunächst vorrangig gefördert werden.

Nicht nachvollziehbar ist, weshalb der Gesetzgeber für die Beurteilung der Nährstoffbilanzen neben der Feld-Stall-Bilanz der Düngeverordnung noch eine andere Methodik der Hoftorbilanz in der Stoffstrombilanzverordnung abverlangt. Zunächst sind nur Betriebe mit Viehhaltung und Gülleaufnahme und Viehbetriebe mit Besatzdichten über 2,5 Großvieheinheiten/Hektar verpflichtet eine zusätzliche Stoffstrombilanz vorzulegen. Das dürfte in Ostfriesland nicht so viele Betriebe betreffen. In 5 Jahren sollen aber alle Betriebe beide Bilanzen vorlegen.

Wer als Futterbaubetrieb an den Nährstoffbilanzen arbeiten muss, der wird durch die Düngeverordnung animiert die Milchleistung eventuell über Kraftfuttereinsatz zu steigern, bei der Stoffstrombilanz muss er anders agieren. Dann muss er an hoher Grundfutterleistung bei vermindertem Kraftfuttereinsatz arbeiten. Das ist total widersprüchlich. Das ist so ähnlich, als würde in der Straßenverkehrsordnung Rechts- und Linksverkehr gleichzeitig verordnet. Da muss es dann doch unweigerlich Karambolagen geben.

Gleichzeitig mit der Düngeverordnung ist auch eine neue Verordnung zum Umgang mit Wasser gefährdenden Stoffen in Kraft getreten (AwSV), auch diese Verordnung hat das Potential, den Landwirten mit Tierhaltung gewaltige Investitionen, z. B. für die Silagelagerung, abzuverlangen. Ich hoffe, hier halten die Verwaltungen ebenfalls den Ball flach. Solange die Silagen über 28 % Trockensubstanz liegen, ist kein Umweltschaden zu befürchten. Generell sollte die Politik zukünftig stärker beachten, wie hoch der Investitionsbedarf für einen eventuellen Umweltnutzen ist. Dies muss immer in einem angemessenen Verhältnis stehen.

In der Milchproduktion haben wir gegenwärtig ein erfreuliches Auszahlungsniveau. Ermöglicht wurde dies in erster Linie durch Rekordpreise für Butter, die kein Fachmann vorhergesagt hat. Milchfett ist plötzlich international knapp, weil Butter in der Ernährung nicht mehr negativ gesehen und als Geschmacksträger geschätzt wird. Sorgen bereitet im Augenblick die Proteinseite, hauptsächlich beim Magermilchpulver. In der EU lagern noch mehr als 300.000 Tonnen Pulver in der Intervention und finden für den Ankaufpreis des letzten Jahres keinen Abnehmer. Das war in der letzten Preiskrise 2009 noch ganz anders. Damals konnte die EU das eingelagerte Pulver mit hohem Gewinn verkaufen. Der Pulvermarkt belastet natürlich die Proteinverwertung, zumal unklar ist, ob und zu welchen Bedingungen die EU im nächsten Jahr zur Interventionsstützung bereit ist.

Eine Abschwächung der Milchauszahlungspreise deutet allein der Kieler Rohstoffwert zu Beginn des nächsten Jahres an. Die weitere Entwicklung ist von vielen Faktoren abhängig, so dass eine zuverlässige Prognose für das nächste Jahr kaum möglich ist. Hilfreich wäre wahrscheinlich ein deutlicher Anstieg der Ölpreise und anderer Rohstoffpreise, denn Ölpreis und Milchpulverpreis stehen eindeutig in Korrelation.

Getrieben durch die Anforderungen des Handels müssen die Molkereien in vielen Bereichen heute zertifiziert sein und ihre nachhaltige Wirtschaftsweise dokumentieren. Diese Entwicklung macht auch vor den Bauernhöfen nicht halt. Die deutsche Milchwirtschaft erweitert deshalb QM-Milch um ein Nachhaltigkeitsmodul. Die großen Molkereien haben ihr eigenes Nachhaltigkeitsprogramm: Fokus Planet bei Friesland-Campina, Arlagarden bei ARLA oder Milkmaster bei dmk in Deutschland. Der Dokumentationsaufwand bei den Bauern und die Qualitätsanforderungen mit unzähligen Parametern zu Fütterung, Haltung, Tiergesundheit, Eutergesundheit steigen mit hoher Geschwindigkeit. Nicht mitmachen geht nicht! Für mich ist es atemberaubend, mit welcher Geschwindigkeit Gentechnik-freie Fütterung sich ausbreitet. Vor einigen Jahren haben die Mischfutterwerke noch gesagt, dass GVO-freie Fütterung auch bei Rinderfutter aus Mangel an Rohstoffverfügbarkeit nicht möglich sei. Jetzt erleben wir, dass ganze Mischfutterwerke auf GVO-Freiheit umgestellt werden, allerdings nur bei Rinderfutter. Das Futter ist natürlich teurer und längst nicht überall erhalten die Milchbauern die erhöhten Aufwendungen im Auszahlungspreis vergütet.

Beim Andrehen der Qualitätsschraube erleben wir erneut die Marktmacht des Handels. Das alles ruft den Präsidenten des Bundeskartellamts, Herrn Mundt jedoch keineswegs auf den Plan. Aufgerufen fühlt er sich jedoch, die nächste Preiskrise zu verhindern. Der Mann nimmt den Mund ganz schön voll. Hat er von der Globalisierung des Milchmarkts und Liberalisierung der Märkte nichts mitbekommen? Mit nationalen Mitteln auf den Milchmarkt einwirken zu können, ist doch eigentlich offensichtlich das Dümmste, was man machen kann, weil völlig wirkungslos. Den Hebel will Mundt bei den Lieferverhältnissen ansetzen. Kurzfristige Verträge, viel mehr Fluktuation, feste Preise bei definierten Mengen, das ist das Erfolgsrezept seines Sachstandsberichts. Auch bei Genossenschaften müssten die Molkereien das Risiko tragen, nicht die bäuerlichen Mitglieder. Frage an Herrn Mundt: Und wer trägt das Risiko, wenn die Genossenschaft am Ende wegen Überzahlung pleite ist?

Ich habe den Eindruck, Herr Mundt hat die genossenschaftliche Idee und die Spezifika der Milchproduktion mit einer leicht verderblichen Ware noch nicht verstanden. Über Lieferverträge sollten Milchbauern mit ihren Molkereien verhandeln. Der Staat sollte sich dort dringend heraushalten. Erfreulich ist auch die Aussage von Kommissar Hogan, dass Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung keine Anwendung bei Genossenschaften findet. Die Haltung der Bundesregierung scheint allerdings nicht so eindeutig zu sein.

Für mich ist ganz eindeutig: Würden die deutschen Molkereien umsetzen müssen, was der Kartellamtspräsident sich vorstellt, dann würde die deutsche Milchwirtschaft massiv geschwächt. Investitionen ohne Rohstoffsicherheit würden unterbleiben. Die Defizite der deutschen Molkereien im internationalen Wettbewerb in der Markenaufstellung, in der innovativen Produktentwicklung und in der Exportmarktpräsenz würden noch größer. Ich ärgere mich wahnsinnig, dass so viel Unsinn vom Kartellamtspräsidenten kommt. Aber vielleicht liegt es daran, dass dieser ausgebildeter Jurist ist und in ökonomischen Fragestellungen blutiger Laie.

Zum Schluss meines Berichts noch einige Anmerkungen zum Dauerbrenner: Schäden durch Gänsefraß und Gänsekot. Selbst Wissenschaftler verlangen ein international koordiniertes Gänsemanagement bei Nonnengans und Graugans und wollen dies im Rahmen des Afrikanisch-Eurasischen Wasservogelabkommens (AEWA) voran bringen. Beobachtet wird bei diesen beiden Arten ein jährliches Populationswachstum von ca. 10 %. In weniger als 10 Jahren wird sich die Population noch einmal verdoppelt haben. Nirgends ist erkennbar, dass diese Entwicklung ohne Eingreifen des Menschen zum Stillstand kommen wird. Wenn es um Festlegung von Populationszielen geht, dann steht Deutschland zusammen mit Finnland jedoch massiv auf der Bremse, sehr zum Ärger von z. B. Dänen und Niederländern. Hier zeigt sich der massive Einfluss des NABU auf das Bundesumweltministerium. Der ehemalige NABU-Präsident Flasbarth ist momentan als Staatssekretär die dominierende Kraft im Bundesumweltministerium in Berlin.

Auch Niedersachsen möchte Zeit gewinnen. Das merke ich im Arbeitskreis Gänsemanagement, der auf Druck des Landtags eingerichtet wurde. Mehr Geld für Vertragsnaturschutz soll nicht eingesetzt werden, so war bislang die Linie. Die von Gänsefraß betroffenen Bauern müssen den Druck auf die Politik im Land erhöhen und deutlich machen, dass die Grenzen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums überschritten sind. Ein Anfang ist gemacht: Vier ostfriesische Landwirte haben Schadenersatz für unzumutbare Schäden nach § 68 Bundesnaturschutzgesetz geltend gemacht. In drei Fällen hat das zuständige Innenministerium das Umweltministerium unseres Landes zu Zahlungen verpflichtet. Um Präzedenzfälle zu vermeiden, klagt jetzt das Umweltministerium gegen das Innenministerium vor dem Verwaltungsgericht in Oldenburg. Das Innenministerium tut sich schwer mit der betriebswirtschaftlichen Ableitung, wann die Unzumutbarkeit einsetzt und wie der Schaden monetär zu bewerten ist. Wir vermuten, dass hier das Verwaltungsgericht ansetzen wird. Warten wir es ab, wie es jetzt weiter geht!

Einstweilen gilt: Landwirte sollten die Gänseaufkommen und -schäden unbedingt in den von uns entworfenen Datenblättern dokumentieren. In Schleswig-Holstein gibt es seit kurzem ein vom Umweltministerium eingerichtetes Meldeportal im Internet. Ein solches Portal sollte Niedersachsen auch einrichten und von Schleswig-Holsteins Vorarbeit profitieren. Zur gerichtsfesten Schadensdokumentation macht es gegenwärtig keinen Sinn, überall Gutachter über die Felder zu schicken. Nach meiner Einschätzung müsste jeder Landwirt, bei dem Gänse Schäden anrichten, Vegetationskörbe aus Baustahl aufstellen und mit regelmäßigen Fotos dokumentieren, wie die Vegetationsentwicklung ohne Gänsefraß voranschreitet. Ich halte das für eine Maßnahme, die mit überschaubarem Aufwand geleistet werden kann und die uns in der Sache weiterhelfen könnte.

Zum Abschluss könnte ich auch noch berichten, wie Kommissar Hogan sich die Agrarpolitik nach 2020 in Europa moderner, gerechter und befreit von Bürokratie vorstellt. Das lasse ich jetzt aber weg. Sie wollen schließlich auch noch den zukünftigen Präsidenten des Niedersächsischen Landvolkes hören und mit ihm diskutieren.

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