11.12.2018
Die große Delegiertenversammlung, die Jahreshauptversammlung des LHV, gehört zum Jahresende einfach dazu. Es wird auf das Jahr zurückgeblickt, aber es sind auch einige Formalia einzuhalten. Dazu gehören Jahresabschlüsse und Haushaltsbeschlüsse, die zuvor in den Kreisdelegiertenversammlungen bereits besprochen wurden.
Außerdem haben wir auch immer einen Gastredner eingeladen. In diesem Jahr durften wir Dr. Paul Becker, Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes, begrüßen, der zum Thema „Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt wie es ist. – Der Klimawandel und mögliche Auswirkungen auf die deutsche Landwirtschaft“ einen interessanten Vortrag hielt und unseren Delegierten noch viele Fragen auf unterhaltsame Art beantwortete.
Emotional wurde es am Ende der Versammlung, unter dem Punkt Sonstiges standen Verabschiedungen auf dem Programm. Hermanda Harms wurde verabschiedet, die als Vertreterin der Landfrauen die Arbeit des LHV-Gesamtvorstand über viele Jahre mit prägte.
Karl Hedden und seine Frau Renate verlassen den LHV zum Jahresende, sie gehen in den wohlverdienten Ruhestand. Ihre Arbeit, ihr Engagement haben den LHV starkt beeinflusst und sowohl Kollegen, als auch die Ehrenamtlichen werden sie sicher vermissen.
Für den geschäftsführenden Vorstand des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Ostfriesland e. V. (LHV) geht das erste Amtsjahr dem Ende zu. Die Änderungen, die das neue Team mit sich bringt, werden bereits beim agrarpolitischen Jahresrückblick spürbar, den der Präsident Manfred Tannen gemeinsam mit seinen Kollegen präsentiert.
„Wir pflügen, und wir streuen den Samen auf das Land, doch Wachstum und Gedeihen steht nicht in unsrer Hand.“ heißt es vom Lyriker Matthias Claudius und beschreibt gut, dass die Leistung der Landwirte nicht nur vom eigenen Können abhängig ist, sondern auch von anderen Einflüssen, wie z.B. das Wetter. „Wir hatten zwei wetterextreme Jahre nacheinander.“ fasst Tannen die Situation zusammen. Auch die ostfriesischen Betriebe haben hohe Ernteeinbußen zu verzeichnen, ca. 460 von ihnen haben jetzt die staatlichen Dürrehilfen beantragt. Sie decken jedoch nur einen Bruchteil der Schäden und auch nur bei existenzgefährdeten Betrieben. „Bei den für Niedersachsen für dieses Programm zur Verfügung stehenden 35 Millionen Euro würden bei Ausschöpfung nur rund 4 % der hochgerechneten Schäden ausgeglichen.“ betont Tannen.
Das Schaffen von guten Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft ist eines der Hauptziele des LHV. Dazu gehört, so Tannen, auch die Ausgestaltung der neuen Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die 2021 beginnen soll. In der so genannten „Wiesbadener Erklärung“ hat der Deutsche Bauernverband seine Vorstellungen dazu formuliert. „Die Diskussion darüber ist noch in vollem Gange“ berichtet Tannen. Auch der Brexit habe einen großen Einfluss auf den europäischen Agrarhaushalt und ein zeitlich nahtloser Übergang zwischen den Förderperioden sei nicht zu erwarten.
Auf nationaler Ebene prägten die Debatte zum Glyphosat und zum Tierwohl den Alltag der Landwirte. „Bei der weiteren Entwicklung und politischen Ausgestaltung einer anerkannten, modernen und nachhaltigen Landwirtschaft muss Wissenschaft und Forschung als Basis dienen.“ fordert Tannen und bemängelt, dass es keine Planungssicherheit mehr für Landwirte gäbe.
Auch, wenn es aufgrund eines sehr trockenen Jahres nicht im Bewusstsein ist: Die Entwässerung ist nicht nur für die Landwirte, sondern für alle Ostfriesen ein elementares Thema. Ein dichtes Grabennetz sorgt für trockene Füße in Ostfriesland. Viele Gräben bieten aber mittlerweile Flora und Fauna einen Lebensraum. Der Erhalt dieses Lebensraums und eine funktionierende Entwässerung sind in Einklang zu bringen. Vizepräsident Carl Noosten berichtet von diesen neuen Herausforderungen und betont „Wir müssen uns aktiv bei der artenschonenden Gewässerunterhaltung einbringen, um das Prozedere praxistauglich mitgestalten zu können.“
Landwirtschaft im Einklang mit Artenschutz und Natur ist auch für den Leeraner Kreisvorsitzenden Klaus Borde ein beherrschendes Thema. „Jedes Jahr fressen mehr Gänse Gras und auch Ackerfrüchte auf und wir bleiben auf den Schäden sitzen.“ Die Gänse-Duldungsprämien decken nur einen Bruchteil der Kosten und benachteiligen insbesondere auch Landwirte, deren Flächen nicht prämienberechtigt sind. Borde setzt auf die jüngsten Gespräche mit dem niedersächsischen Landwirtschafts- bzw. Umweltministerium und hofft, dass das Aussitzen nun ein Ende hat.
„Aber nicht immer schließt sich Natur und Landwirtschaft aus“ weiß er zu berichten, „Wiesenbrüter halten sich lieber auf landwirtschaftlich genutzten Flächen auf, als auf ungenutzten.“ Borde erläutert Erkenntnisse aus dem Arbeitskreis „Landwirtschaft und Naturschutz“ der Ostfriesischen Landschaft und lobt die konstruktive Diskussion.
Aurichs Kreisvorsitzender Hartwig Frühling berichtet von den vielen Aktionen, mit denen die Landwirte sich und ihre Arbeit präsentieren. Er erinnert seine Berufskollegen: „Öffentlichkeitsarbeit macht jeder Landwirt allein durch sein Handeln auf Hof und Feld – dessen müssen wir uns stets bewusst sein. Viele wissen nicht mehr, warum wir was machen. Aus diesem Grund müssen wir unsere Arbeit erklären, im persönlichen Gespräch mit dem Verbraucher erreichen wir ihn am nachhaltigsten.“ Das persönliche Gespräch stand auch beim diesjährigen Tag des offenen Hofes im Vordergrund. Sowohl bei Familie Dirksen in Thunum als auch bei Familie Heikens aus Campen konnten Interessierte dass Gespräch mit den Landwirten vor Ort suchen und sich informieren. „Die gute Resonanz zeigt, wie groß das Interesse daran ist.“ freut sich Frühling und dankte beiden Familien nochmal für diesen tollen Tag.
Der hohe Grünlandanteil in Ostfriesland prägt auch die Landwirtschaft. Viele Milchbauern sind hier ansässig. Günter Lüken, Kreisvorsitzender im LHV-Kreisverband Wittmund, informiert über die Lage am Milchmarkt, die relativ positiv zu bewerten sei. Natürlich spielt auch das Wetter hier eine Rolle und das durch Ernteeinbußen fehlende Futter macht eine Prognose der Marktentwicklung schwer. Lüken hofft, dass für 2019 die Auszahlungspreise weitestgehend das Niveau aus diesem Herbst halten. Er berichtet, dass die Marktdaten auf eine Seitwärtsbewegung schließen lassen.
Optimistisch zeigt sich Lüken als er über den landwirtschaftlichen Nachwuchs erzählt. Hier wolle sich der LHV stärker mit den jungen Landwirten vernetzen. „Die Jugend ist heute so gut ausgebildet wie nie und wir möchten einen Rahmen schaffen, der sie ihr Potential auch nutzen lässt.“
Vor diesem Hintergrund stellte auch Präsident Tannen seine Forderungen nach Planungssicherheit, einer Diskussionen auf Augenhöhe sowie nach einer Verlässlichkeit und Augenmaß bei der Umsetzung von Gesetzen und Vorgaben auf. „Wettbewerbsfähigkeit ist eine Bedingung für die Zukunftsfähigkeit unserer Betriebe. Das darf die Politik nicht ignorieren.“