Landwirtschaftlicher Hauptverein für Ostfriesland e.V.

05.12.2025

LHV-Delegiertenversammlung 2025

Im Mittelpunkt des formalen Teils der LHV-Delegiertenversammlung standen der Geschäftsbericht und die Jahresrechnung 2024 sowie die dazugehörigen Prüfungsberichte der Prüfungsgesellschaft und der Rechnungsprüfer. Die Delegierten fassten die Beschlüsse zur Verwendung des Jahresergebnisses der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe und erteilten dem Gesamtvorstand sowie der Geschäftsführung Entlastung für das Geschäftsjahr 2024. Zudem wurde der Haushaltsvoranschlag für das Jahr 2026 beraten und verabschiedet. Ergänzend berichtete der geschäftsführende Vorstand über agrar- und unternehmenspolitische Entwicklungen (s.u.).

Ein besonderer Höhepunkt der Versammlung war der Vortrag von Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes. Unter dem Titel „Perspektiven für die Landwirtschaft: Zwischen Markt, Politik und regionaler Verantwortung“ beleuchtete er die aktuellen Herausforderungen und Zukunftsaussichten der Landwirtschaft. Felßner ging dabei auf die zunehmenden Spannungsfelder zwischen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, politischen Vorgaben und der Verantwortung gegenüber den Regionen ein und betonte die Bedeutung verlässlicher agrarpolitischer Leitplanken sowie einer starken Interessenvertretung für die landwirtschaftlichen Betriebe.

Heiko Andreeßen, Wiebke Bischoff, Klaus Borde, Heinz-Hermann Hertz-Kleptow, Günther Felßner, Rudi Bleeker, Manfred Tannen, Maren Ziegler, Günter Lüken, Carl Noosten (v.l.n.r.)

05.12.2025

Rückblick auf das verbandspolitische Jahr

Carl Noosten
Klaus Borde
Günter Lüken
Heiko Andreeßen
Manfred Tannen
Günther Felßner zog mit seinem Vortrag die Versammlung in seinen Bann.

Jahresrückblick 2025: Landwirtschaft zwischen Leistungsfähigkeit, Auflagen und wachsendem Koordinationsbedarf

Das Jahr 2025 war für die ostfriesische Landwirtschaft kein ruhiges Jahr – auch wenn öffentliche Proteste weitgehend ausblieben. Für landwirtschaftliche Betriebe, Behörden, Politik und Verbände zeigte sich vielmehr, wie komplex und anspruchsvoll die Rahmenbedingungen geworden sind, unter denen Landwirtschaft heute stattfindet.

Wirtschaftlich leistungsfähig – strukturell unter Druck
Die Erträge des Jahres 2025 fielen überwiegend zufriedenstellend aus. Gleichzeitig geraten viele Betriebe wirtschaftlich unter Druck: sinkende Erlöse treffen auf steigende Produktions-, Lohn- und Energiekosten sowie auf wachsende rechtliche und administrative Anforderungen. Die gesellschaftlich gewünschte Transformation der Landwirtschaft ist damit längst Realität – ihre wirtschaftliche Tragfähigkeit jedoch nicht ausreichend abgesichert.

Gerade hier zeigt sich die Bedeutung einer starken Verbandsarbeit: Erfolge auf politischer und rechtlicher Ebene bleiben oft wenig sichtbar, entfalten ihre Wirkung aber unmittelbar auf den Betrieben.

Butterpreise und Preisdruck im Lebensmitteleinzelhandel
Die Entwicklung der Butterpreise steht exemplarisch für die Schieflage in der Wertschöpfungskette. Während gestiegene Erzeugungskosten auf den Höfen kaum ausgeglichen werden, nutzen Teile des Lebensmitteleinzelhandels Butter als Lockangebot im Preiswettbewerb. Dieser Unterbietungswettkampf erfolgt häufig losgelöst von realen Produktionskosten und vermittelt Verbraucherinnen und Verbrauchern ein verzerrtes Bild vom Wert landwirtschaftlicher Arbeit. Aus unserer Sicht gibt es auf Erzeugerseite keinen Anlass für die extrem niedrigen Preise, die derzeit im Handel angeboten werden. Das Verhalten des LEH mag legal sein, moralisch vertretbar ist es nicht.

Energiewende in Ostfriesland: Koordination statt Konflikt
Der Ausbau der Energieinfrastruktur prägt die Region zunehmend. Erdkabeltrassen, Offshore-Anbindungen, Umspannwerke und Wasserstoffleitungen greifen massiv in landwirtschaftlich genutzte Flächen ein. Bis Mitte der 2030er Jahre sind mehr als 20 weitere Leitungsbauprojekte in Ostfriesland vorgesehen.

Diese Vorhaben erfordern eine enge Abstimmung zwischen Netzbetreibern, Behörden, Politik und Bewirtschaftern. Der LHV hat 2025 an mehreren überregionalen Rahmenvereinbarungen mit Netzbetreibern wie Amprion, TenneT, EWE Netz und Open Grid Europe mitgewirkt. Ziel ist es, Eingriffe planbar zu machen und faire, rechtssichere Entschädigungsregelungen zu schaffen.

Deutlich wird: Ohne koordinierende Verbandsstrukturen wäre eine solche Bündelung von Interessen und Fachwissen kaum möglich.

Flächenverlust, Kompensation und Naturschutz
Neben dem Leitungsbau führen Kompensationsmaßnahmen weiterhin zu erheblichen Flächenverlusten. Trotz fachlicher Anerkennung stoßen produktionsintegrierte Kompensationsansätze in der Umsetzung noch immer auf strukturelle Hürden. Die pauschale Herausnahme landwirtschaftlicher Flächen aus der Nutzung bleibt vielerorts Standard.

Auch die Diskussion um zusätzliche Schutzgebietsausweisungen, etwa in der Leda-Jümme-Niederung, hat gezeigt, wie sensibel das Verhältnis zwischen Landwirtschaft, Naturschutzverbänden und Genehmigungsbehörden ist. Kooperative Ansätze funktionieren – neue Auflagen ohne ausreichende Beteiligung hingegen gefährden Akzeptanz und Engagement.

Artenschutz, Tierseuchen und Vollzugspraxis
Der zunehmende Wolfsdruck, insbesondere im Kreis Wittmund, macht deutlich, dass rechtliche Instrumente und Vollzugspraxis vielfach nicht mit der Realität der Tierhaltung Schritt halten. Genehmigungsverfahren, Eilentscheidungen und gerichtliche Auseinandersetzungen zeigen den Handlungsbedarf auf Bundes- und Landesebene. 

Parallel fordern Tierseuchen wie Blauzunge, Geflügelpest oder MKS Betriebe und Behörden gleichermaßen. Die steigenden Anforderungen an Biosicherheit, Dokumentation und Kontrolle erhöhen den Beratungsbedarf erheblich – ein Aufgabenfeld, das der LHV weiterhin bewusst abdeckt.

Umbau der Tierhaltung: fehlende Verlässlichkeit
Der Umbau der Tierhaltung bleibt für viele Betriebe mit großer Unsicherheit verbunden. Mit der Beendigung des Bundesprogramms zum Umbau der Tierhaltung (BUT) ist ein zentrales Förderinstrument weggefallen, ohne dass eine verlässliche Anschlussregelung geschaffen wurde. Investitionsbereitschaft trifft damit auf fehlende Planungssicherheit.

Der Umbau der Tierhaltung kann nur gelingen, wenn politische Zielsetzungen durch langfristige, praktikable Förderstrukturen abgesichert werden. Andernfalls drohen weitere Betriebsaufgaben statt nachhaltiger Entwicklung.

Bürokratie und Digitalisierung: Anspruch und Wirklichkeit
2025 war geprägt von neuen Regelungen und digitalen Kontrollinstrumenten: Grundsteuerreform, neue Beitragsmaßstäbe, Meldepflichten, App-gestützte Kontrollen im Rahmen der GAP. Viele dieser Instrumente dienen der Verwaltungsvereinfachung, verlagern jedoch Arbeitsaufwand und Haftungsrisiken auf die Betriebe.

Der LHV begleitet seine Mitglieder hierbei eng, unterstützt bei Anträgen, Kontrollen und Widersprüchen und fungiert zunehmend als Schnittstelle zwischen landwirtschaftlicher Praxis und Verwaltungsvollzug.

Klare Erwartung an Politik und Verwaltung
Die ostfriesische Landwirtschaft ist bereit, ihren Beitrag zu leisten – zur Ernährungssicherung, zum Klima- und Naturschutz sowie zur Energiewende. Voraussetzung dafür sind jedoch praktikable Regelungen, verlässliche Verfahren und eine frühzeitige Einbindung der Betroffenen.

Das Jahr 2025 hat gezeigt: Die Herausforderungen entstehen häufig an den Schnittstellen zwischen Politik, Verwaltung und Praxis. Eine starke, fachlich fundierte Verbandsarbeit ist notwendig, um diese Schnittstellen konstruktiv zu gestalten – im Interesse der Betriebe, der Region und der gesellschaftlichen Ziele.

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