Landwirtschaftlicher Hauptverein für Ostfriesland e.V.

10.12.2015

Landvölker Friesland, Wesermarsch und Ostfriesland im Gespräch mit Almut Kottwitz

Von den Landvolk-Kreisverbänden Friesland und Wesermarsch sowie dem Landwirtschaftlichen Hauptverein für Ostfriesland waren am 10. Dezember die Kreisvorsitzenden Hartmut Seetzen und Carl Noosten sowie Klaus Borde, Hendrik Lübben und Rudi Bleeker im Umweltministerium in Hannover, um die Forderungen der Bauern an der Küste im Nordwesten darzustellen. Im Gespräch mit der Staatssekretärin Frau Kottwitz sowie Herrn Burget, Leiter des Referats Biologische Vielfalt, Natura 2000 und Schutzgebiete, übergaben die Landwirtschaftsvertreter ein Positionspapier zum künftigen Umgang mit den nordischen Gastvögeln. Im Vorfeld hatten sich die Vorstände und Praktiker wiederholt getroffen und einen gemeinsamen Forderungskatalog erarbeitet.  

 

Bei allen Unterschieden in den Regionen – verschiedene Schutzgebietskulissen und Kategorien, Grünland oder Ackerland, Vergrämungsverbot oder Erlaubnisvorbehalt, Zugvögel oder Sommergänse - sind alle Bauern durch die zunehmende Zahl und die längere Verweildauer betroffen. Sie fordern deshalb ein umfassendes ganzjähriges Monitoring aller Gänsearten im gesamten Küstenraum, Ausgleich für alle geschädigten Bewirtschafter mit Vergrämungsverbot und eine zügige Umsetzung des geplanten Rastspitzenmanagements auf Grünland, um wenigstens den Teilnehmern am aktuellen Pilotprojekt die festgestellten Ertragseinbußen zu ersetzen.  Zur Finanzierung könne man auch auf Kompensationszahlungen für ausgleichpflichtige Infrastrukturmaßnahmen zurückgreifen. Sonst, so die Vertreter der Kreisverbände, besteht insbesondere in der besonders betroffenen Region westlich der Ems die Gefahr, dass die betroffenen Bauern zur Selbsthilfe greifen und die nordischen Wintergäste fristgerecht nach Vertragsablauf wieder auf die Rückreise schicken.

 

Die Staatsekretärin äußerte Verständnis für die Lage und die Stimmung vor Ort und ließ mit einem Hinweis auf die aktuelle Haushaltslage des Landes durchblicken, dass sie auch für kreative Lösungen offen sei. Ein Gespräch mit betroffenen Praktikern vor Ort vor Ende der aktuellen Wintersaison sowie ein gemeinsamer Besuch bei der Generaldirektion Umwelt zu Jahresbeginn wurden in Aussicht gestellt, so dass nach Ablauf der über einstündigen Gesprächs keine konkreten Lösungen gefunden waren, aber die Botschaft der Bauern von der Küste angekommen ist und weiter mit Nachdruck auf allen Ebenen vertreten wird.

 

Im Gespräch: Hartmut Seetzen, Almut Kottwitz, Norbert Burget, Klaus Borde, Hendrik Lübben und Carl Noosten (v.l.n.r.)

Landwirtschaftliche Position zum zukünftigen Umgang mit Nordischen Gastvögeln

Gemeinsame Position des Landvolks Friesland, des Landvolks Wesermarsch und des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Ostfriesland e. V.

 

1.      Die Zahl der überwinternden und ganzjährig verweilenden Wildgänse im Nordwesten hat das Maß des Zumutbaren überschritten. Weit über die Grenzen der Förderkulissen und der Schutzgebiete hinaus hat die massenhafte Vermehrung aus seltenen Wintergästen eine Landplage gemacht. Um belastbare Zahlen zu erhalten, ist ein umfassendes Monitoring unverzüglich für alle Gänsearten ganzjährig einzurichten. Es sollte über die gemeldeten Vogelschutzgebiete hinausgehen, weil auch angrenzende Gebiete außerhalb von Vogelschutzgebieten als Äsungsflächen angenommen werden. Wir erwarten, dass die Haushaltsmittel für diese verpflichtende Aufgabe des Landes in Vogelschutzgebieten vom Land sofort und ausreichend bereitgestellt werden. Außerhalb der Fördergebietskulissen des Vertragsnaturschutzes sind Ausgleichszahlungen zu leisten. Für Schäden durch brütende Sommergänse gibt es kein Angebot bei den Agrarumweltmaßnahmen. Das ist nicht akzeptabel und zwingt die Landwirte, Schadensausgleich geltend zu machen.

 

2.      Agrarumweltmaßnahmen sind wegen der dynamischen Populationsentwicklung nur bedingt geeignet, das Problem zu lösen. Die Größe der Vogelschutzgebiete mit Gänsen als wertbestimmenden Arten beträgt ca. 120.000 ha. Die Fördergebietskulisse umfasst nur max. 30.000 ha. D. h. auf 75 % der gemeldeten Vogelschutzgebiete gibt es weder Ausgleich noch ein Vertragsnaturschutzangebot. Wenn diese Flächen weniger bedeutend für den Aufenthalt der Gänse sind, drängt sich die Frage auf, warum diese Gebiete gemeldet wurden. Die verfügbaren Mittel gleichen nur einen geringen Anteil aus. Der Ausgleich wird mit  erheblicher zeitlicher Verzögerung berechnet, bezieht sich auf veraltete Daten und berücksichtigt nicht die volatile Produkt- und Faktorpreisentwicklung. Einschränkungen z. B. bei den Sperrfristen lt. Düngeverordnung oder der Ausschluss der Derogation bergen unkalkulierbare Risiken für die Teilnehmer.

 

3.      Beim Ausgleich sind wenigstens die Kosten für die Ersatzfutterbeschaffung und der vermehrte Aufwand zu ersetzen. Ob das geplante Grünland-Rastspitzenmodell dafür geeignet ist, wird sich zeigen. Hier sind die festgestellten Schäden von Beginn an schnell und unbürokratisch auszugleichen. Eine Hinhaltetaktik mit mehrjährigen Voruntersuchungen und Pilotprojekten werden die Bewirtschafter nicht hinnehmen, sondern zur Selbsthilfe greifen, um ihre wertvollen Futterflächen zu schützen.

 

4.      Das Ausmaß der Schäden wird für etliche Betriebe existenzbedrohend. Wegen des um sich greifenden Mangels an Futterfläche, den anstehenden Änderungen bei der Düngeverordnung bei Grünland-Futterbaubetrieben, Produktionseinschränkungen durch öffentliche Auflagen und Agrarreform (Greening) ist oftmals keine Ersatzfutterbeschaffung möglich. In solchen Fällen ist ein Entschädigungsfonds mit Mitteln des Landes, der Landkreise, Stiftungen und von Umweltverbänden nötig, um Härtefälle kurzfristig und unbürokratisch auszugleichen. Im Interesse der öffentlichen Haushalte wäre es sinnvoll, die Gänsebestände auf ein geeignetes Maß zu reduzieren. Hierzu ist ein überregionales Gänsemanagement in Zusammenarbeit mit den angrenzenden Küstenländern erforderlich.

Copyright © Landw. Hauptverein für Ostfriesland e.V. - Südeweg 2 - 26607 Aurich - Telefon: 0 49 41 / 60 92 50
Zum Seitenanfang