Landwirtschaftlicher Hauptverein für Ostfriesland e.V.

Entwurf einer Vereinbarung über einen »Niedersächsischen Weg«

Da im letzten Jahr viele Initiativen zum Schutz der Artenvielfalt - unter anderem auch von der Bundesregierung - angekündigt wurden, hat sich unser Landesverband bereits frühzeitig um einen Weg bemüht, der der Landwirtschaft eine Mitgestaltung der zukünftigen Rahmenbedingungen ermöglicht. Landvolkpräsident Albert Schulte to Brinke erläutert die Beweg- und Hintergründe in einem Schreiben an Sie:

 

Liebe Berufskolleginnen und Berufskollegen,
gefühlt führen wir als Ihre Interessenvertretung seit Jahrzehnten immer wieder einen heftigen Streit mit anderen gesellschaftlichen Gruppen, wie die Situation im Natur-, Arten und Gewässerschutz verbessert werden kann. Seien Sie versichert, dass wir uns dabei stets mit Leidenschaft für Ihre Interessen einsetzen. Dazu zählen immer mehr Betriebe des ökologischen Landbaus. Auf vielen Höfen gehören inzwischen diverse kooperative Agrarumweltmaßnahmen zum Anbauspektrum dazu. Sie sind hier sowohl aus Überzeugung dabei, sehen darin aber oft auch die ökonomisch gleichwertige Nutzungsmöglichkeit.
Leider müssen wir aber auch feststellen, dass von anerkannten Wissenschaftlern sowie von anderen gesellschaftlichen Gruppen, die inzwischen zudem stark in den Parlamenten vertreten sind, das bisher Erreichte nicht für ausreichend gehalten wird. Aktuell sind wir auf Ebene der EU und in Berlin mit einer Vielzahl von politisch bereits beschlossenen, aber noch nicht umgesetzten Planungen konfrontiert. Die Politik bezieht dabei neben dem kooperativen Ansatz wie selbstverständlich das Ordnungsrecht mit ein. Welche Probleme dabei entstehen, wenn dann ohne eine faire Einbeziehung der Praxis bereits fertige Entwürfe auf den Tisch gelegt werden, haben wir schmerzhaft zuletzt bei der Düngeverordnung erleben müssen.
Wir haben aktuell in Niedersachsen eine sehr realpolitische, an pragmatischen und möglichst einvernehmlichen Lösungen interessierte Regierung mit einer breiten Mehrheit im Parlament. Auf Einladung unserer Landesregierung konnten wir daher in den vergangenen Monaten sehr intensiv über Forderungen aus dem Bereich des Natur- und Artenschutzes verhandeln. Es gab dabei eine streitige, aber sehr konstruktive Erörterung von bereits in den Koalitionsvereinbarungen geplanten Anpassungen im Landesnaturschutz- und im Landeswassergesetz. Bekanntlich wird hierzu seit Mitte letzten Jahres zusätzlicher Druck von Seiten zahlreicher Verbände, aber auch der Partei Bündnis 90/Grüne ausgeübt. Sie möchten ihre Vorstellungen an der Regierung vorbei über ein Volksbegehren durchsetzen. Jeweils ein Vertreter von NABU und BUND gehörten daher zu den Beteiligten dieser vertraulichen Gespräche, aber auch die LWK Niedersachsen wirkte über ihren Kammerpräsidenten an der Diskussion mit.
Neben Fragen der allgemeinen politischen Ausrichtung und Schwerpunkten in der Vergabe von Fördermitteln, sind in der jetzt geplanten Vereinbarung der Landesregierung, genannt »Der Niedersächsische Weg«, zusammen mit Landvolk, LWK, NABU und BUND, die immer wieder in Planungen auf Bundes- oder Landesebene oder in Volksbegehren (zum Beispiel Bayern) angesprochenen kritischen Punkte für unsere Betriebe enthalten: Biotopschutz/verbund, Gewässerrandstreifen/PSM/Dünger, Pflanzenschutzmitteleinsatz in Schutzgebieten, Wiesenbrüterschutz, Grünlandumbruch/-erneuerung, Ökolandbau usw.
Wir konnten hier vieles für den Berufsstand erreichen, z. B. dass unsere Kreisverbände in den von Gewässerrandstreifen besonders betroffenen Gebieten bei der Festlegung von regionalen Ausnahmen beteiligt werden. Im Wiesenbrüterschutz gilt der Vorrang des Vertragsnaturschutzes vor unflexiblen Sperrzeiten für Pflege oder Mahd.
Jetzt liegt der ausverhandelte Entwurf einer von der Landesregierung federführend erstellten Rahmenvereinbarung vor uns. Er enthält teilweise sehr konkrete Eckpunkte sowohl für rechtliche Änderungen als auch für die Weiterentwicklung von Förderinstrumenten einschließlich eines Finanzierungsrahmens. Sollte es zu den vereinbarten rechtlichen Regelungen durch den Landtag kommen, ergibt sich die Verlässlichkeit der Finanzierung dann aus den damit eingegangenen gesetzlichen Verpflichtungen des Landes. Eine derartige Finanzierungsregelung wurde zuletzt in den achtziger Jahren im Wasserhaushaltsgesetz des Bundes getroffen. Sie hat bis heute unverändert Bestand und kann von uns nicht angezweifelt werden.
Es ist LWK-Präsident Gerhard Schwetje und mir als Praktiker nicht leichtgefallen, zu den in der Vereinbarung enthaltenen Zugeständnissen zu kommen. In einigen Details wird es hier bei der Ausformulierung der dazu notwendigen Gesetzestexte noch Klarstellungen geben, aber die Bedingungen für eine Zustimmung aus dem Berufsstand sind bereits jetzt sehr präzise formuliert. Wir haben die Zusicherung vorliegen, bei der Erarbeitung der Gesetze von Beginn an ganz eng einbezogen zu werden. Soweit im Rahmen der beschriebenen Gesetzesänderungen im Landesrecht ein landwirtschaftlicher Betrieb betroffen ist und nicht über die vorgesehenen Ausnahmen entlastet ist, gibt es gesicherte finanzielle Ausgleichsansprüche. Diese enthalten für den Einzelfall - abweichend von laufend von der LWK zu überprüfenden Pauschalen - auch das Recht auf eine individuelle Erstattung des Einkommensnachteils.
Ich bin mir sicher, dass wir bei einer Zustimmung des Landvolks zum vorliegenden Entwurf eine sehr starke Basis für die ohnehin anstehenden Änderungen im Landesrecht aber auch auf Bundesebene erreichen werden. Wir haben damit die besseren Argumente und die stärkere Ausgangsposition als die Initiatoren des Volksbegehrens. Mit der Zustimmung der Landesregierung haben wir Rückendeckung aus dem Landtag, um die notwendige Verlässlichkeit in der Finanzierung zu erreichen.
Somit hoffe ich auf breite Zustimmung des »Niedersächsischen Wegs«, da ich diesen als bessere Alternative für unseren Berufsstand sehe und damit die Zuversicht verknüpfe, in Zukunft mehr Sicherheit für das Wirtschaften auf unseren Höfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen

Albert Schulte to Brinke

 

Der Niedersächsische Weg - Entwurf

2020-05-08_Vereinbarung_Der_Niedersaechische_Weg.pdf

Gesetzentwurf Volksbegehren

Volksbegehren_Gesetzentwurf.pdf

Es reicht nicht, nur den Entwurf "Der Niedersächsische Weg" zu lesen. Der Gesetzentwurf des Volksbegehrens sollte zum Verständnis ebenfalls gelesen werden.

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