Landwirtschaftlicher Hauptverein für Ostfriesland e.V.

17.04.2019

Fachliche Grundlage zusätzlicher Auflagen zweifelhaft

Jochen Flasbarth ist seit 2013 Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Vorher war er jahrelang Präsident des Umweltbundesamtes (UBA) und des Naturschutzbundes (NABU). Er gilt als gut vernetzt in der Naturschutzszene. Das Umweltministerium ist zuständig für die Abstimmung mit der EU-Kommisssion bzw. der Generaldirektion Umwelt bei der Auslegung der Nitratrichtlinie, während die Verantwortung für die nationale Umsetzung beim Bundeslandwirtschaftsministerium liegt.
 
Wir erinnern uns: Die spezielle Auswahl der Messstellen zur Wasserqualität als „Belastungsmessnetz“ hat seinerzeit dazu geführt, dass Deutschland im EU-Vergleich den vorletzten Rang vor Malta belegte. Das war der Grund für die Klage der EU-Kommission, die die Bundesrepublik bei dieser Ausgangslage nur verlieren konnte. 2017 wurde die Düngeverordnung zur nationalen Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie angepasst. Das Ergebnis jahrelanger Verhandlungen im Kampf zwischen dem Bund als Verordnungsgeber, den Bundesländern als Vollstrecker und verschiedenen Interessengruppen ist ein bürokratischen Monster mit zahlreichen Einschränkungen besonders für viehhaltende Betriebe. Kritiker bemängeln unter anderem das strukturelle Ungleichgewicht bei der Bewertung des Nährstoffbedarfs von Grünland und auf Marschböden mit hohen Nährstoffspeicherkapazitäten.
 
Doch damit nicht genug: Ende Januar 2019 wurde bekannt, dass die Bundesregierung in nichtöffentlichen Verhandlungen weitere Zugeständnisse an die EU-Kommission gemacht hatte. Für besonderen Unmut sorgen in Fachkreisen Bestimmungen wie die Beschränkung auf 80 % des ermittelten Nährstoffbedarfs, das Düngungsverbot zu Zwischenfrüchten oder die Aufzeichnungspflicht binnen zwei Tagen. Doch mit zusätzlichen Forderungen der Umweltkommission nach verlängerten Sperrfristen auf Grünland, für Festmist und Ausbringungsverboten in Hanglagen, die Mitte März bekannt wurden, war der Bogen endgültig überspannt. Hier werden besonders diejenigen Betriebe getroffen, die man ansonsten ausdrücklich schützen und erhalten will. Die Bundeslandwirtschaftsministerin bekam massiven öffentlichen Gegenwind am 2. April in Hannover und am 4. April in Münster von tausenden zornigen Bauern.
 
Wie konnte es soweit kommen? Der Verdacht drängt sich auf, dass sich hier wohl Vertreter von Bundesumweltministerium und Generaldirektion Umwelt gemeinsam auf einen Wunschzettel mit nach oben hin offenen Maximalforderungen verständigt haben. Staatssekretär Dr. Aeikens vom Bundeslandwirtschaftsministerium bezeichnete diesen Katalog als „alternativlos“. Aber offenbar lief der Kontakt mit der EU-Kommission in weiten Teilen ausschließlich über das Umweltministerium. Gespräche mit der Generaldirektion Umwelt in Brüssel lassen erkennen, dass dort anscheinend weitgehend Unklarheit über die aktuelle Umsetzung der Richtlinie in den Bundesländern herrscht (Land und Forst 13/2019 S. 8). Es wäre jedoch ein kaum zu überbietender Skandal, wenn sich herausstellen sollte, dass die aktuell geforderten Restriktionen aus Brüssel das Ergebnis vorsätzlich falscher oder bestenfalls unvollständiger Informationen aus dem zuständigen Fachministerium sein sollten. Die Falschmeldung des Umweltbundesamtes von voriger Woche über gestiegene Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft, die nach Hinweisen aus dem Berufsstand erheblich nach unten korrigiert werden mussten, zeigt schon eine gewisse Tendenz zu politisch opportun erscheinenden Bewertungen. Dass engagierte Umweltschützer in verantwortlicher Position bei der Umsetzung solcher Rechtsvorschriften mitwirken, ist legitim. Aber sie sollten nach Auffassung des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Ostfriesland schon ein Mindestmaß an Fachlichkeit und Objektivität an den Tag legen.

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