Landwirtschaftlicher Hauptverein für Ostfriesland e.V.

08.05.2013

Landwirtschaft ist Landespflege - Landvolk, Grüne und Holger Heymann diskutieren miteinander über zukünftige Landwirtschaft

Seriemer Mühle mit (v.l.n.r.) Wolfgang Franke, Anja Borchers, Gerhard Janssen, Joachim Busker, Georg Janssen, Manfred Tannen, Detlef Grüssing, Ingrid Ahrens, Ulli Maus, Maximilian Schulze, Holger Heymann, Martin Mammen, Jürgen Scheidweiler

Mit ein wenig Skepsis aber auch voller Erwartung trafen sich am 8. Mai 2013 Landvolk, Landfrauen, Landtagsabgeordneter Holger Heymann und VertreterInnen der Grünen aus Wittmund auf dem Hof von Georg Janssen in Seriem bei Neuharlingersiel.

Das Kreislandvolk hatte zusammen mit dem Zweigverein Werdum-Neuharlingersiel-Carolinensiel zu diesem Termin eingeladen um, vor dem Hintergrund der neuen Landesregierung, auch auf regionaler Ebene über die Ausrichtung der zukünftigen Agrarpolitik zu diskutieren.

 

Nach einem informativen Betriebsrundgang auf dem Hof mit Ackerbau, Sauenhaltung und Schweinemast, geleitet von Betriebsleiter Georg Janssen und seinem Sohn Eckhard, folgte eine angeregte Diskussion in der Seriemer Mühle.

Nach Aussagen des Landvolkkreisvorsitzenden Manfred Tannen bereitet der Begriff „Sanfte Agrarwende“ vielen Landwirten in der Region große Sorgen, weil das Wort Wende die Bedeutung „Umkehr“ beinhalte und er der Überzeugung ist, dass die hiesigen landwirtschaftlichen Betriebe geschützt und wirtschaftlich gestärkt werden müssen. Die Auflagen und der bürokratische Aufwand werden immer größer, wohingegen die verfügbare Zeit für praktische Arbeit an Tier und Pflanze immer geringer werden. Auch das fördere den Strukturwandel der Betriebe enorm, denn größere Betriebe können dieses Management effizienter leisten, so Tannen. Holger Heymann machte deutlich, dass die rot-grüne Landesregierung die bäuerliche Landwirtschaft gegenüber der industriellen stärken möchte. Dabei entstand eine rege Diskussion um deren jeweiligen Abgrenzung und Definition. Die Kritik an der Dokumentationspflicht sei verständlich, betonte Ulli Maus (KV-Sprecherin Grüne). Es sei aber zu bedenken, dass sowohl die Überprüfung der Lebensmittelsicherheit als auch die Förderung mit EU-Mitteln vergleichbare Kriterien brauche und deshalb auch die leidige Dokumentation notwendig sei. Holger Heymann möchte sich allerdings dafür stark machen dass kleinere Betriebe bei Bürokratie und Dokumentation Erleichterungen erhalten.

 

Aus der Diskussion wurde deutlich, dass der Verbraucher sich zunehmend eine regionale Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte wünsche, dies aber nur schwer unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten z.B. über Direktvermarktung, Hofläden oder Melkhuskes möglich sei. Ostfriesland ist eine Gunstregion für die Milchviehhaltung und aufgrund der guten Standortfaktoren haben sich die Landwirte schon früh auf die Milcherzeugung spezialisiert. Dies bedeutet natürlich, dass man sehr auf den Export von Milch angewiesen ist und eine regionale Vermarktung nur in sehr begrenzten Rahmen möglich ist.

 

Studien belegen, dass eine Bereitschaft zur Zahlung höherer Preise für qualitativ hochwertige Lebensmittel vorhanden ist, beim Einkauf aber oftmals anders entschieden wird.

Bedauert wurde von den Beteiligten in diesem Zusammenhang der Wegfall der CMA (Centrale Marketing Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft) da diese gute Arbeit leistete und Werbung für hiesige Produkte machte. Hier muss nun neu überlegt werden, wie eine Marketingstrategie für die qualitativ hochwertigen Produkte der heimischen Landwirtschaft tatsächlich die Bevölkerungsmehrheit erreichen kann und v.a. deren Bereitschaft gute Qualität auch entsprechend zu bezahlen.

Seitens der Landfrauen wurde das sinkende Know-how über Lebensmittel und bei der Zubereitung von Speisen angemerkt. Früher gab es noch Ernährungslehre in den Schulen, aber diese Zeiten sind lange vorbei. Hier möchte Holger Heymann prüfen, was von Landesseite möglich ist, um die Ernährungsbildung zu verbessern, diese finanziell zu fördern und von qualifizierten Fachkräften wie z.B. den Landfrauen durchführen lassen.

 

Auch strittige Themen kamen bei dem Treffen auf den Tisch. So wurde die Ausbringung von Gülle auf gefrorenem Boden angesprochen. Der Landvolkvorsitzende Manfred Tannen stellte sich der Kritik und erläuterte, dass es sich für die Landwirte um einen wertvollen betriebseigenen Dünger handelt, der nachweislich die höchste Effizienz und geringsten Ammoniakverluste über die Luft bei einem frühen und kühlen Ausbringungszeitpunkt im Jahr hat. Gerade bei Frost habe man zudem den geringsten Druck auf den Boden und v.a. auf die Gemeindestraßen. Bei feuchtem Frühjahrswetter verursache man deutlich mehr Schäden. Das Landvolk setze sich dafür ein, dass die national einheitlichen Vorgaben wieder mehr regionalen Charakter bekommen, damit individuell je nach Witterungslage sowie Boden-, Pflanzen- und Straßenzustand die Düngung erfolgen kann. Die aktuellen Regelungen seien laut Tannen hier einfach zu starr. Die Grünen verwiesen darauf, dass die Düngeverordnung ihren Sinn im Schutz der Wasserversorgung hat: Gülle soll nur dann aufgebracht werden soll, wenn die Pflanzen auch tatsächlich aufnahmefähig seien und das ist bei 10 cm tiefem Bodenfrost eindeutig nicht der Fall. Sinnvoll wäre, wenn auf Landkreisebene (also regional) eine Freigabe zur Düngung gegeben werde.

 

Das ausgiebige Gespräch verlief letztlich harmonisch, man lernte sich kennen und war sich darüber einig, dass der Kontakt aufrecht erhalten werden soll. Vor dem Hintergrund der rot-grünen Landesregierung gebe es viele Bereiche in der Land- und Ernährungswirtschaft, die einen intensiven Austausch notwendig machen.

 

 

Heinz-Hermann Hertz-Kleptow

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