Landwirtschaftlicher Hauptverein für Ostfriesland e.V.

Ostfriesland muss wolfsfrei bleiben - Küstenschutz muss vorgehen!

Unser Präsident Manfred Tannen hat sich mit nachfolgendem Schreiben an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der ostfriesischen Kommunen, die Landräte und Abgeordneten des Landtags, des Bundestags sowie des Europaparlaments gewandt. Hintergrund sind die in diesem Frühjahr häufigen durch den Wolf gerissenen Tiere.

 

Er schreibt "unsere Weidetierhalter sind alarmiert: in jüngster Zeit häufen sich die Wolfsrisse in Ostfriesland und viele sorgen sich, dass sich nun die Wölfe dauerhaft in Ostfriesland ansiedeln. Sollte das geschehen, wären die Auswirkungen fatal. Auch die Aussetzung der Ausnahmegenehmigungen zum Abschuss auffälliger Wölfe zeigt, dass man die Weidetierhalter mit dem Wolfsproblem im Stich lässt. Ostfriesland ist mit einem überdurchschnittlichen Grünlandanteil seit jeher eine Milchvieh- und auch Weideregion. Das macht den Charme Ostfrieslands aus und es zudem zu einer beliebten Urlaubsregion. Auch ist der Tourismus für unsere Region wirtschaftlich von sehr hoher Bedeutung.
Darüber hinaus werden Land und Leute von Deichen geschützt, für deren Pflege die Schafe unerlässlich und nicht ersetzbar sind. Kein Schäfer wird bereit sein, seine Schafherde in einem Wolfsgebiet weiden zu lassen. Die Besonderheiten von Boden und Landschaft erlauben die üblichen Schutzmaßnahmen (Zäune, Herdenschutzhunde) nicht, daher darf der Wolf hier gar nicht erst heimisch werden. Oberste Priorität in der Wolfspolitik muss die Gewährleistung einer sicheren Zukunftsperspektive für die Deichschäfereien und der Weidehaltung insgesamt sein! Für die Sicherheit aller muss der Küstenschutz und damit der Schutz der Deichschafe vor dem Wolfschutz stehen.
Wir fordern:
- die Ausweisung von wolfsfreien Zonen überall dort, wo Weidetierhaltung üblich ist und im Besonderen in Deichnähe.
- die sofortige Einführung eines echten Wolfsmanagements inklusive Bestandsregulierung in Niedersachsen und auf Bundesebene.
- eine Änderung rechtlicher Rahmenbedingungen, um Managementmaßnahmen, rechtssicher anwenden zu können. Der Wolfsbestand und die Größe der Rudel müssen präventiv reguliert werden können – schon bevor ein Riss passiert ist.
Wir müssen die Deichschafe schützen, damit sie uns schützen können!"

Präsident Tannen appelliert zum Ende seines Briefes: "Bitte setzen Sie sich dafür ein."

 

 


Erläuterungen:
Ostfriesland ist eine Küstenregion und zum Schutz vor dem Meer von Deichen umschlossen. Die Schafe haben einen für die Deichpflege einzigartigen „goldenen“ Tritt. Sie sind für die Deich- und Landschaftspflege nicht ersetzbar und diese ist mit einem dort jagenden Wolf nicht mehr leistbar.
Außerdem ist Ostfriesland eine Grünlanderegion, diese Flächen sind nicht ackerfähig, d.h. es gibt keine Alternative zur Haltung grasfressender Tiere. Für viele Tierhalter geht es daher um die nackte Existenz, sie haben keine Alternative, ihre Flächen anders zu bewirtschaften.
Weidehaltung hat in Ostfriesland nach wie vor eine große Bedeutung und ist Teil der Kulturlandschaft: in Ostfriesland gehören weidende Rinder zum Landschaftsbild, ebenso wie Schafe auf den Deichen typisch sind. Und auch der Verbraucher fordert weidende Kühe.
80% der in Ostfriesland gehaltenen Schafrassen gehören zu den vom Aussterben bedrohten Nutztierrassen. Seltene Tierrassen sollen einerseits geschützt, aber für den Wolf dürfen sie andererseits geopfert werden? Jahrelange Erhaltungsarbeit ginge verloren.
Die Förderung deckt die Kosten der Schutzmaßnahmen nicht. Schutzmaßnahmen und Schadensersatzforderungen sind mit einem hohen und mitunter langwierigen Bürokratieaufwand verbunden. Dazu kommen die Folgekosten, z.B. das Freihalten der Zäune usw.
Eine Analyse hinsichtlich der Sicherheit der Schutzmaßnahmen liegt nicht vor. Es gibt Fälle, in denen Wölfe hohe Zäune übersprungen haben, selbst im Stall wurden bereits Tiere gerissen. Auch Esel und Herdenschutzhunde wurden schon durch Wölfe getötet. Mehrfach mussten Aussagen wie „Der Wolf springt nicht gern.“, „Der Wolf ist ein Nachttier.“, „Der Wolf lebt nur in Wäldern.“ oder „Der Wolf geht nicht in bewohnte Gebiete.“ revidiert werden.
Die Flächen sind in Ostfriesland relativ klein strukturiert und hohe Zäune würden regelrecht die Landschaft zerschneiden, es entsteht eine Art Gefängnis-Charakter, auch entlang von Gräben und Tiefs müssen Zäune aufgestellt werden. Wie hoch müssten die Zäune erst an Wallhecken sein? Sie könnten dem Wolf als Sprungschanze dienen.
Etwa ein Fünftel der Fläche in Ostfriesland unterliegt einem Schutzgebietsstatus. Diese erlauben in der Regel keine relief-verändernden Maßnahmen (dazu gehört auch höherer Zaunbau). D.h. der Zaunbau müsste zunächst beantragt und schließlich auch genehmigt werden (zusätzliche Kosten). Ähnlich verhält es sich mit dem Untergrabschutz an Deichen und Wallhecken. Sie dürfen und können nicht einfach aufgegraben werden. Unklar ist das Eingraben des Zauns bei Grünland, da wendende Bodenmaßnahmen bei Grünland genehmigungspflichtig sind.
Herdenschutzhunde sind sehr teuer in der Anschaffung und im Unterhalt. Das können sich insbesondere kleinere Betriebe und Hobbytierhalter nicht leisten. Überdies können sie nur im Bereich der Schafhaltung eingesetzt werden, nicht bei Rindern und Pferden. Der ausgeprägte Beschützerinstinkt dieser Tiere könnte zudem für Fremde gefährlich werden. D. h. in einem touristisch stark frequentierten Bereich wie die ostfriesische Nordseeküste dürfen die Urlauber dann nicht mehr auf den Deich.
Die materiellen Schäden sind das eine, die psychischen Folgen für Mensch und Tier das andere. Keiner will über eine Weide laufen, auf der die Gedärme der Tiere verteilt sind oder traumatisierte Tiere einschläfern lassen. Zwei klare Ansagen zum Thema Wolf hört man von den hiesigen Tierhaltern: „Wenn der Wolf kommt, bleiben meine Tiere im Stall.“ oder „Wenn der Wolf kommt, gebe ich die Tierhaltung auf.“
Es geht nicht generell gegen den Wolf oder um eine erneute Ausrottung. Es geht darum, dass nicht jede Region wolffähig ist. Regionen mit viel Weidehaltung, Küsten mit den Deichen, dicht besiedelte Gebiete dürfen nicht zur Heimat eines Wolfes werden. Es zeigt sich immer wieder und immer häufiger, dass die Weidetiere nicht geschützt werden können.

 

Mehr zu unseren Aktivitäten in Sachen Wolf: www.lhv-ostfriesland.de/wolf.html

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